
Hoch hinaus für eine sichere Energiezukunft
Wo die Welt unten klein wird und die Zukunft groß: Mit 14 Jahren stand Anna-Louisa Kruse zum ersten Mal auf einer Windenergieanlage. Heute klettert sie beruflich in 160 Meter Höhe und prüft für DEKRA die Sicherheit dieser Giganten. Die angehende Sachverständige verbindet Technikfaszination mit Teamgeist und leistet ihren Beitrag zur Energiewende. In einem leidenschaftlichen Interview zeigt sie, wie vielfältig ihre Aufgaben sind.
Anna-Louisa, Du warst bereits mit 14 Jahren auf deiner ersten Windenergieanlage (kurz: WEA) – was hat dich damals so fasziniert, dass daraus eine Berufung wurde?
Als ich das erste Mal mit auf einer Anlage durfte, war das unglaublich aufregend. Natürlich durfte ich eigentlich gar nicht hoch, deshalb musste mein Vater den Betreiber erst einmal um Erlaubnis fragen. Außerdem war noch eine weitere Person dabei, die ausschließlich auf meine Sicherheit geachtet hat. Schon das Betreten des Maschinenhauses war für mich beeindruckend – diese Dimensionen, das Dröhnen, die Technik. Aber der erste vorsichtige Blick aus der Luke nach draußen war schlicht überwältigend: plötzlich nicht mehr die Rotorblätter aus der Ferne zu sehen, sondern direkt vor der Nase – riesig, mächtig und mit einem enormen Respekt einflößenden Eindruck. Dazu dieser weite Blick in die Landschaft. Die Kombination aus Höhe, Natur und Technik hat mich von da an nicht mehr losgelassen.
Dein Vater ist Maschinenbauer und konstruiert Windenergieanlagen. Wie stark hat dich diese familiäre Prägung beeinflusst und was bedeutet es für dich, dass du nun sozusagen „auf der anderen Seite“ – bei der Prüfung – arbeitest?
In der Hinsicht war mein Vater ein großer Einfluss – er hat mir nicht nur den Mut gegeben, überhaupt den Weg in einen technischen Beruf zu wagen, sondern auch die Branche nahgebracht. Er hat im Laufe seines Berufslebens selbst Windenergieanlagen geprüft, war quasi von Anfang an dabei, als die Windenergie noch in den Kinderschuhen steckte. Als er sich dann selbständig machte, kam das Thema für mich wieder näher, ich habe ihn öfter begleitet und beschlossen, mein GWO-Training zu machen – also den Höhenschein. Da war ich etwa 27 Jahre alt. Dieses Training ist entscheidend, weil man dort lernt, wie man sich in Extremsituationen richtig verhält und wie man sicher mit seiner Schutzausrüstung arbeitet.
Mich fasziniert an der Branche besonders, dass sie sich ständig weiterentwickelt. Früher hat man WEA fast ausschließlich neu gebaut – heute sind wir an einem Punkt, wo die erste Generation zurückgebaut werden, während gleichzeitig immer größere und leistungsfähigere Anlagen entstehen. Dadurch müssen viele Dinge neu gedacht und überprüft werden. Genau da liegt auch der Unterschied zwischen der Konstruktion und der Prüfung: Konstruktion bedeutet, etwas Neues zu schaffen und die Technik weiter voranzubringen. Prüfen dagegen heißt, das Bestehende kritisch zu bewerten, zu sichern und damit die Grundlage für den Betrieb zu schaffen. Für mich ergänzen sich diese beiden Perspektiven perfekt – ohne Konstruktion gäbe es nichts zu prüfen, ohne Prüfung keine sichere Grundlage für den Betrieb.
Großartig, mit welcher Leidenschaft du berichtest! Wie hast du dich dann der Frage „Konstruktion oder Prüfung“ weiter genähert?
Da ich meinem Vater schon länger bei seiner Tätigkeit begleitet hatte, habe ich diesen direkten Kontrast gespürt: Auf der einen Seite mein Job als Ausbilderin bei der PTB, der doch sehr bürolastig war – auf der anderen Seite die körperlich aktive Arbeit draußen an der Anlage. Mir wurde schnell klar, dass mir ein Beruf mehr Freude macht, in dem ich nicht nur am Schreibtisch sitze, sondern mich auch körperlich einbringen kann.
Nach meinem Techniker, den ich neben der Arbeit absolviert habe, und einer festen Stelle im öffentlichen Dienst hatte ich das Gefühl, dass mir beruflich die Perspektive fehlte. Es gab kaum noch Möglichkeiten, mich weiterzuentwickeln, und das hat mich gestört. Die Brücke zur DEKRA kam dann über meinen Vater. Er erzählte mir, dass ich vielleicht genau dort eine neue Herausforderung finden könnte. So wurde ich in die Niederlassung Cottbus eingeladen, um mir ein Bild zu machen. Da kam der Gedanke auf, ein Duales Studium zu beginnen – und ich habe die Chance ergriffen. Besonders überzeugt hat mich, dass es bei der DEKRA viele Möglichkeiten gibt, sich individuell weiterzuentwickeln, gerade auch im Industriezweig. Jetzt studiere ich noch bis Anfang nächsten Jahres und dann werde ich als Sachverständige arbeiten.
An welchen Stellen müssen Windenergieanlagen geprüft werden? Ich stelle es mir ja gerade sehr anspruchsvoll vor, in 160 Metern Höhe eine ordnungsgemäße Prüfung durchzuführen.
Mittlerweile gibt es in großen WEA ja schon Befahranlagen, also wirkt das für Außenstehende oft dramatischer, als es tatsächlich ist. Trotzdem bleibt es körperlich herausfordernd – vor allem, wenn man in die Nabe muss. Das ist teilweise richtig eng und bei hohen Temperaturen oben in der Gondel entsteht schnell ein Saunaeffekt. Deshalb ist es wichtig, körperlich fit zu bleiben, um diese Arbeit gut machen zu können.
Mental ist Gelassenheit entscheidend: lieber Schritt für Schritt vorgehen, als alles auf einmal erledigen zu wollen. Sonst schleichen sich Fehler ein, die schnell ein Risiko bedeuten können. Geduld ist eine Eigenschaft, an der ich selbst noch arbeite – aber ich habe einen großartigen Kollegen, der immer einen kühlen Kopf bewahrt. Von ihm kann man viel lernen.
Ohne Sicherheitsausrüstung geht natürlich gar nichts. Dazu gehören Helm, Sicherheitsschuhe, Handschuhe, Auffanggurt, Verbindungsmittel mit Falldämpfer, Karabinerhaken und ein Rettungssystem. In den letzten Jahren hat sich da schon was getan – die Ausrüstung wird insgesamt leichter, komfortabler und dadurch im Alltag auch einfacher zu handhaben. Besonders bei den Rettungssystemen sieht man große Fortschritte: Sie sind deutlich kleiner, ausgefeilter und leichter geworden, sodass im Ernstfall eine schnelle und möglichst unkomplizierte Rettung möglich ist.

DEKRA bietet ein umfassendes Portfolio für Windenergieanlagen – von Inbetriebnahmeprüfungen bis zu Drohnenbefliegungen von Blitzschutzanlagen. Du sorgst damit nicht nur für Sicherheit, sondern begleitest auch die Energiewende. Welche Rolle haben diese Aspekte bei deiner Berufswahl gespielt?Die Energiewende ist einer der größten Aufgaben unserer Zeit und durch meine Arbeit trage ich ein kleines, aber wichtiges Stück dazu bei, dass WEA sicher und zuverlässig laufen. Sicherheit ist die Grundlage dafür, dass wir die Klimaziele erreichen können. Mich erfüllt es, Teil dieser Entwicklung zu sein. Ich sehe die Windenergie in Deutschland auf einen guten Weg – trotz aller Herausforderungen. Gerade weil wir unabhängiger und nachhaltiger werden wollen, brauchen wir sichere und langlebige Anlagen.
Es ist immer spannend, Innenansichten aus der Welt eines Unternehmens zu erhalten. Wie würdest du die Kultur und den Spirit bei DEKRA beschreiben?
DEKRA ist für mich ein Unternehmen, das Tradition und Zukunft sehr gut verbindet. Natürlich kennt man DEKRA in erster Linie von den Fahrzeugprüfungen – aber intern spürt man deutlich, dass sich das Unternehmen stark weiterentwickelt und mit viel Energie in neue Felder wie die Windenergie investiert.
Besonders schätze ich die Kollegialität: Wir arbeiten oft in herausfordernden Situationen, und da ist es enorm wichtig, sich aufeinander verlassen zu können. Dieser Teamgeist ist wirklich spürbar. Außerdem erlebe ich die Kultur als sehr sicherheitsbewusst, aber auch offen – es gibt Möglichkeiten, sich individuell weiterzuentwickeln. Für mich macht das die Arbeit bei DEKRA besonders wertvoll.
Lass uns darüber sprechen, was man als Sachverständige/-r für Windenergieanlagen braucht, um erfolgreich in deinem Beruf zu sein. Was sollten Studierende persönlich und fachlich mitbringen, um den Anforderungen standzuhalten?
Fachlich hilft mir vieles, was ich im Studium und meiner Ausbildung gelernt habe – insbesondere Technische Mechanik, Werkstoffkunde, Elektrotechnik und Maschinenelemente. Aber ehrlich gesagt: Kein Meister fällt vom Himmel. Vieles kommt mit der praktischen Erfahrung. Erst wenn man regelmäßig draußen an der Anlage arbeitet, entwickelt man das richtige Gefühl für die Technik und die Abläufe.
Mindestens genauso wichtig sind persönliche Fähigkeiten: körperliche Fitness, Verantwortungsbewusstsein und eine konsequente Sicherheitsdisziplin. Man arbeitet in großen Höhen, bei wechselnden Wetterbedingungen und unter Zeitdruck – da ist es entscheidend, Schritt für Schritt vorzugehen und Ruhe zu bewahren. Ein weiterer ganz wesentlicher Punkt ist der Teamgeist. Niemand arbeitet allein auf einer Anlage – man ist immer aufeinander angewiesen. Vertrauen, klare Kommunikation und gegenseitige Unterstützung ist das A und O.
Studierende oder Berufseinsteiger sollten deshalb nicht nur Interesse an Technik mitbringen, sondern auch die Bereitschaft, sich praktisch auszuprobieren und im Team zu arbeiten. Wer neugierig bleibt, keine Angst vor Höhe hat und Verantwortung übernehmen will, wächst automatisch in die Rolle hinein.
Drei Argumente für einen Einstieg bei DEKRA
- Besondere Verbindung von Sinnhaftigkeit mit Technik: Du leistest einen Beitrag zu Sicherheit und Energiewende.
- Das Unternehmen bietet ein stabiles Umfeld und gleichzeitig viele Entwicklungsmöglichkeiten.
- Wechselnde Herausforderungen, immer neue Menschen kennenzulernen und zudem in der Natur arbeiten zu können – diese Kombination. ist ziemlich einmalig.
Was macht dich glücklich im Beruf oder aus welchem Projekt schöpfst du Kraft und denkst besonders gerne daran zurück, weil du stolz darauf bist?
Mich erfüllt es, wenn ich nach einer Prüfung das Gefühl habe: Hier habe ich wirklich etwas Wichtiges geleistet. Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit, und zu wissen, dass eine Anlage durch meine Arbeit zuverlässig weiterbetrieben werden kann, macht mich stolz. Besonders motivierend sind die Momente, in denen wir im Team schwierige Situationen gemeistert haben. Wenn alles reibungslos läuft, obwohl die Prüfung körperlich oder organisatorisch anspruchsvoll war, ist das ein richtig gutes Gefühl.
Wichtig ist auch der Teamgedanke. Man arbeitet nicht immer mit denselben Kolleginnen und Kollegen, sondern trifft oft auf neue Leute an den Anlagen. Trotzdem muss man sich sofort aufeinander verlassen können. Dieses Vertrauen, dass sich auch mit fremden Teams schnell entwickelt, gibt mir Kraft und macht die Arbeit spannend.
Gleichzeitig merke ich, wie sehr ich persönlich daran wachse. Mit jeder Prüfung übernehme ich mehr Verantwortung, treffe Entscheidungen selbstbewusster und bleibe in Stressmomenten zunehmend souverän. Diese Weiterentwicklung zu spüren, ist für mich ein großer Antrieb.
DEKRA ist traditionell eher für Fahrzeugprüfungen bekannt. Wie positioniert sich das Unternehmen im wachsenden Energiesektor und welche Karrierechancen bieten sich hier für MINT-Absolventen?
Dekra ist in den letzten Jahren stark in den Energiesektor hineingewachsen und bietet hier ein sehr breites Portfolio. Für MINT-Absolvent:innen entstehen dadurch viele spannende Chancen, weil man in einem Bereich einsteigt, der sich dynamisch entwickelt und langfristig gebraucht wird.
Was im Bewerbungsprozess wirklich überzeugt, ist Authentizität. Man sollte ehrlich zeigen, warum man sich für den Job begeistert, und keine Rolle spielen. Technisches Interesse, Freude an praktischer Arbeit und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, sind wichtiger als ein makelloser Lebenslauf: Wer offen, neugierig und teamfähig auftritt, hat bei der DEKRA sehr gute Chancen.

Aus 160 Metern sieht die Welt unten an der Erde viel kleiner aus. Wenn du da oben mal eine Pause bei der Arbeit brauchst: Kommt man da ins Träumen?
Ja, auf jeden Fall. Wenn man da oben mal kurz innehält, wirkt die Welt unten plötzlich ganz weit weg. Man bekommt eine andere Perspektive, vieles, was am Boden groß und wichtig erscheint, wirkt aus dieser Höhe kleiner und relativiert sich. Gleichzeitig ist der Ausblick einfach überwältigend: Natur, Landschaft, manchmal auch das Wettergeschehen so nah mitzuerleben, das macht schon etwas mit einem.
Diese besondere Arbeitsumgebung hat auch meine Sicht auf Umwelt und Nachhaltigkeit geprägt. Man ist direkt an der Schnittstelle zwischen Technik und Natur und das führt einem jeden Tag vor Augen, wie wichtig ein bewusster Umgang mit Ressourcen ist. Für mich ist es ein gutes Gefühl, dass meine Arbeit nicht nur Sicherheit schafft, sondern dazu beiträgt, dass erneuerbare Energien zuverlässig Teil unserer Zukunft sein können.
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