Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde und wird bereits in vielen Bereichen erfolgreich eingesetzt. Auch Städte und Kommunen wissen um das immense Potenzial von KI: Die Stadt Ulm hat erfolgreich den Chatbot „Ulmer Spatz“ eingeführt und arbeitet an vielen weiteren Einsatzmöglichkeiten. Wir haben mit Jan Tschemernjak, dem IT-Leiter der Stadt Ulm, über seine Erfahrungen und KI-Innovationen bei seiner Arbeitgeberin gesprochen.
Inwiefern demonstriert die Stadt Ulm, dass Verwaltungen auch innovative Projekte umsetzen können und dafür offen sind?
Die Stadt Ulm zeigt, dass Innovation nicht nur in der Privatwirtschaft stattfindet. Unsere IT-Abteilung besteht aus engagierten Kolleg:innen, die neue Technologien aktiv vorantreiben wollen. Das Klischee der verstaubten Stadtverwaltung trifft auf uns definitiv nicht zu. Die Stadt Ulm hat erkannt, dass KI unverzichtbar ist, und setzt auf zukunftsweisende Projekte und Initiativen. Schließlich erwartet die Bürgerschaft eine moderne, technologieaffine Verwaltung – dem möchten wir gerecht werden.
Praxisbeispiel Ulm: KI bei Kommunen
Zu Ihrer Vorreiterrolle gehört der Einsatz von Chatbots, zum Beispiel dem „Ulmer Spatz“. Wie viel Arbeit und Herzblut steckt in diesen?
Der Einsatz von Chatbots ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Innovationsstrategie. Mit dem „Ulmer Spatz“ haben wir im Juli 2024 unseren ersten KI-gestützten virtuellen Assistenten eingeführt. Dieser beantwortet rund um die Uhr Fragen der Bürgerschaft auf unserer Website – egal, ob auf Deutsch, Schwäbisch oder in einfacher Sprache. Er kennt die Inhalte der städtischen Webseiten, weiß, welche Abteilungen wofür zuständig sind und informiert über Veranstaltungen. Genutzt wird der Bot von Bürger:innen, Tourist:innen und unseren Mitarbeitenden.
Inwiefern arbeiten Sie an weiteren Anwendungen?
Zum Beispiel unterstützt „Albert“ unsere Gemeinderäte bei der Recherche im Dschungel unserer städtischen Gremien. In der Testphase sind zudem die Chatbots „Sophie“ und „Schneider von Ulm“. „Sophie“ steht unseren Mitarbeitenden im Intranet bei ihrer täglichen Arbeit zur Seite und unterstützt beim Formulieren von E-Mails, Übersetzen und Zusammenfassen von Texten oder beim Schreiben ganzer Gemeinderatsdrucksachen. Sehr spannend finde ich persönlich unser in Ulm erfundenes „Pattern“, bei dem der Bot vom Anwender lernt. So lernt etwa der „Schneider von Ulm“ unsere Organisation kennen und weiß, welche Teams sich um welche Aufgaben kümmern oder wer bestimmte Probleme lösen kann.
Nachdem unsere Organisation so stark gewachsen ist und der persönliche Austausch immer schwieriger wird, haben wir kurzum einen News-Bot gebaut, der Mitarbeitende über kleine und große Erfolge im Alltag interviewt. Diese können in den Kaffeeküchen über den Bildschirm laufen, damit jeder weiß, woran die Kolleg:innen gerade arbeiten oder was erreicht wurde.
Anforderungen für den erfolgreichen Einsatz
Wieso reicht es nicht, ChatGPT zu hinterlegen oder die Bots Gemeindeverordnungen in PDF-Form scrapen zu lassen, damit diese zutreffende Antworten auf die gestellten Fragen geben können?
Aktuell übertragen viele Chatbot-Anbieter nur Textschnipsel an ein Sprachmodell, aber das reicht nicht, um gute Ergebnisse zu erzielen. Obwohl bei den meisten die klassischen LLMs genutzt werden, unterscheiden sich die Ergebnisse dennoch maßgeblich. Zum Beispiel gibt es große Unterschiede in der Art und Weise, wie PDFs verarbeitet werden. Tabellen müssen solide interpretiert werden oder es müssen größere Datenmengen verarbeitet werden, als dies mit der aktuellen Token-Limitierung möglich ist.
Wie stellen Sie zukünftig sicher, dass die Bots korrekt trainiert werden?
Die Bots beziehen ihre jeweiligen Informationen – je nach Einsatzzweck – direkt von den relevanten Datenquellen wie zum Beispiel dem Ratsinformationssystem, dem Intranet oder von diversen Webaufritten und Schnittstellen. Sofern die so bereitgestellten Inhalte korrekt sind, geben die Bots zuverlässige Antworten. Trotzdem ist es notwendig, die Nutzenden im Umgang mit solchen Systemen zu schulen, um auf Grenzen aktiv hinzuweisen. Sophie – unser Intranet-Bot – wurde zuerst kritisch gesehen. Tatsächlich unterstützt uns der Bot aber dabei, eben solche veralteten Dokumente zu identifizieren, zu überarbeiten und Redundanzen abzubauen.
„Das Klischee der verstaubten Stadtverwaltung trifft auf uns definitiv nicht zu.“
Karriere bei der Stadt Ulm
Wenn nun junge Hochschulabsolvent:innen bei Ihnen einsteigen: Inwiefern arbeiten diese am Zukunftsthema „KI“ mit?
Eine Möglichkeit ist unser interdisziplinäres, virtuelles KI-Team. Das haben wir gegründet, weil das Thema alle Fachbereiche durchdringt und damit auch unterschiedlichste Ansprüche entstehen. Das hat sich als goldrichtig erwiesen, denn viele unserer Fachanwendungen und Softwarelösungen integrieren zunehmend KI-Komponenten. Nicht zuletzt auch, weil wir unsere Mitarbeitenden dazu ermutigen, neue Ideen und Impulse einzubringen. Junge Hochschulabsolvent:innen haben also vielfältige Möglichkeiten, bei uns aktiv in KI-Projekten mitzuwirken und die Zukunft der Stadt Ulm mitzugestalten.
Was bietet die Stadt Ulm als Arbeitgeberin?
Wir ermöglichen abwechslungsreiche Karrieren mit Aufstiegs- und Gestaltungsmöglichkeiten und umfangreichen Weiterbildungsangeboten. Unsere Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie endet nicht bei flexiblen Arbeitszeitmodellen, sondern umfasst auch Hilfe bei besonderen Lebenssituationen wie Schwangerschaft oder Pflege von Angehörigen. Zusätzlich bieten wir Freiwilligkeitsleistungen wie ein bezuschusstes Deutschlandticket, Dienstrad-Leasing und mobiles Arbeiten. Für Auszubildende gibt es finanzielle Unterstützung bei Fahrt- und Wohnheimkosten. Wir setzen uns außerdem aktiv für Chancengleichheit ein und begrüßen Bewerbungen aus allen Altersgruppen und Hintergründen.
Bieten Sie Interessenten die Möglichkeit an, mit Ihnen in den Austausch zu gehen, bevor diese sich entscheiden, sich zu bewerben?
Interessierte dürfen sich sehr gerne persönlich bei mir melden, entweder über LinkedIn oder per Mail. Ich vernetze bei Bedarf auch gerne mit Kolleg:innen!
Das klang spannend? Wir haben hier noch einen zweiten Beitrag mit der Stadt Ulm: „Die IT ist das digitale Nervensystem der Stadt“
Über die Stadt Ulm
„Ulm ist die lebenswerteste Großstadt Deutschlands” – sagt das Handelsblatt. Ulm liegt strategisch günstig auf der Entwicklungsachse München-Stuttgart und nimmt als eine der dynamisch wachsenden Wirtschaftsregionen eine Sonderstellung ein. Die Stadt Ulm sucht nicht einfach nur Arbeitnehmer:innen, sondern Menschen, die sich einbringen wollen und Lust haben, Ulm gemeinsam zu gestalten. Hier geht’s zum Karriereportal der Stadt Ulm!
Über Jan Tschemernjak
Jan Tschemernjak studierte an der Universität Liechtenstein sowie der FH Vorarlberg und schloss mit einem Master of Computer Applications ab. Er arbeitet seit März 2020 als Abteilungsleiter IT bei der Stadt Ulm. Dort verantwortet er unter anderem die direkte Umsetzung von Innovationen wie Künstliche Intelligenz in der Verwaltung. Vorherige Stationen umfassen unter anderem die IT Leitung bei der Stadt Bregenz oder die Abteilungsleitung bei einem führenden ERP-Dienstleister.