Die Zukunft der Blockchain bestimmt die Themenlandschaft rund um Digitalisierung, Innovation und Datenschutz. Vorschusslorbeeren begegnen der Technologie dabei gleichermaßen wie Unsicherheit und Zurückhaltung. Wie eine Studie von Sopra Steria zeigt, bewerten Kenner die Technologie deutlich positiver als andere Unternehmer, die noch verhalten reagieren. Neue Geschäftsfelder und beispielsweise sichere Zahlungsmöglichkeiten winken – doch nur wenn die Zweifel ausgeräumt werden können, werden Unternehmen ihre bisherige Beobachterrolle aufgeben und die Blockchain integrieren.
Den Schritt ins Rampenlicht hat die Blockchain erfolgreich vollzogen: Laut einer Studie von Sopra Steria unter 204 Fach- und Führungskräften unterschiedlicher Branchen kennen 79 Prozent aller Befragten Blockchain, 48 Prozent wissen genau, was damit gemeint ist. Am bekanntesten dürfte die Technologie durch die Verwendung bei Bitcoin sein. Einige Unternehmen nutzen sie bereits, um in ihrer Supply Chain das Tracking von Waren und die Vertragsabwicklung zu vereinfachen. Die Erwartungen an zukünftige Entwicklungen sind hoch: Sechs von zehn Unternehmern erwarten in den nächsten fünf Jahren eine Veränderung ihrer Branche durch Blockchain. Neue Geschäftsfelder müssen erschlossen werden, durch Micropayment als neue Zahlungsvariante sollen Transaktionen vereinfacht und beschleunigt werden. Prozessoptimierungen sollen Supply Chains optimieren, außerdem soll das Identity Management durch Blockchain verbessert werden. Langwierige Sicherheitsabfragen sind dann Geschichte, sekundenschnelle Abfragen von sicherheitskritischen Aufgaben und Informationen würden massive Zeit- und Geldersparnisse bedeuten und die Sicherheit vor Hackern erhöhen. Der Kampf um innovative Geschäftsmodelle läuft.
Noch regiert die Vorsicht
Dennoch bleiben Unternehmen bisher vorsichtig. Zwar befinden sich die meisten in einer Informations- oder Prüfungsphase, zum Einsatz kommt Blockchain noch selten. Viele zögern, da es ihnen schwerfällt, Einsatzgebiete im eigenen Unternehmen zu erkennen. So wissen insgesamt nur 12 Prozent der Befragten, wie und in welchem Gebiet die Technik sinnvoll eingesetzt werden könnte. Aus diesem Grund warten viele Unternehmen lieber ab, welche Einsatzfelder und Geschäftsmodelle sich durchsetzen.
Außerdem halten nur 7 Prozent aller Befragten die Blockchain aktuell überhaupt für marktreif. Verbesserungen in Sicherheitsfragen, der Latenz und in der Integrierbarkeit in das eigene Unternehmen werden gefordert. Experten von Capgemini Consulting rechnen damit, dass es noch bis 2020 dauern wird, bis die Blockchain marktreif wird.1 Zudem geben in der Studie von Sopra Steria einige Unternehmen an, überhaupt keine Verwendungsmöglichkeit in ihrer Branche zu sehen. Ein Fünftel der Befragten kann sich daher auch in Zukunft nicht vorstellen, Blockchain zu nutzen.
Doch woher kommen überhaupt die Vorbehalte gegenüber Blockchain, die merklich größer sind als bei anderen neuartigen Technologien, wie beispielsweise IoT? Ein Faktor könnte die Verbindung zu Bitcoin sein, denn gerade im Bankensektor hat die Kryptowährung aufgrund der Sicherheitsbedenken und Zweifeln an der Seriosität des digitalen Zahlungsmittels nicht den besten Ruf. Hier ist es an den unternehmensinternen Experten, Aufklärungsarbeit zu betreiben – schließlich hat die unternehmerische Anwendungsvielfalt der Blockchain nichts mit Bitcoin oder dessen Geschäftsmodell zu tun.
Wissen ist Macht – und baut Vorbehalte ab
Information scheint in der Tat die treibende Kraft zu sein: Befragte, die angeben, ganz genau zu wissen, was Blockchain ist, bewerten die Entwicklung deutlich besser als andere Befragte. Sie bewerten mit 12 Prozent Blockchain fast doppelt so häufig als marktreif wie der Rest der Unternehmer, 40 Prozent gegenüber 28 Prozent sehen die Technologie weit genug für einen experimentellen Einsatz in einem Randprojekt, um sie zu erproben. Ein Ansatz wäre es, Blockchain erst in einem kleinen Teilprozess der Supply Chain eines Unternehmens zu testen oder intern für das Identity Management eines Dienstes anzuwenden. Sicherheit und Funktionalität könnten dann erprobt sowie eigene Expertise geschaffen werden.
Es gibt übrigens auch eine Möglichkeit für Nachwuchskräfte, um sich früh auf eine Karriere im Umfeld der Blockchain vorzubereiten: Für Studenten sind bereits an einigen Universitäten spezifische Lehrangebote verfügbar. Ein Musterbeispiel ist die Blockchain Academy, ein Online-Angebot, auf dem Studenten freien Zugang zu einer Blockchain erhalten. In der können sie frei experimentieren und lernen – Nachwuchskräfte können so schon jetzt in einer sicheren Umgebung Expertise sammeln, die sich zukünftig im Berufseinstieg bezahlt machen wird.
Die Finanzbranche ist Vorreiter
Wie man an die Blockchain proaktiv herangehen kann, zeigt die Finanzdienstleistungsbranche. Hier erwarten 72 Prozent der Befragten, dass Blockchain mittlere bis starke Änderungen der Branche in den nächsten fünf Jahren verursachen wird. Die Branche hat sich darauf eingestellt und arbeitet an zukünftigen Geschäftsmodellen. Deshalb fällt es den Befragten aus der Branche bereits jetzt leichter, Anwendungsfälle zu identifizieren, als Mitarbeitern von verarbeitenden Unternehmen oder Öffentlicher Verwaltung.
Insgesamt entwickelt sich Blockchain also durchaus positiv: Die meisten Unternehmen zeigen hohes Interesse an der Technologie und befassen sich mit dem Einsatz, Führungskräfte mit Detailwissen sehen deutlich mehr Vorteile als Gefahren. Wichtige Fragen im Bereich Sicherheit und Anwendbarkeit müssen beantwortet werden, um Unternehmen vollends zu überzeugen. Gelingt das, dürfte Blockchain aber auch in den nächsten Jahren von sich reden machen – nicht mehr als potenzielle Innovation, sondern als massentaugliche must-have-Technologie.
Für die Studie im Auftrag von Sopra Steria Consulting wurden 204 Geschäftsführer, Vorstände, Fachkräfte und leitende Angestellte befragt. Die Teilnehmer stammen aus Unternehmen mit 500+ Mitarbeitern aus verschiedenen Branchen.
Text von Chrestien Delonge.