Als im Januar 2009 der erste Bitcoin-Block generiert wurde, ahnten nur wenige, dass diese Technologie die Welt verändern würde. Die Stärken der Blockchain liegen in der weltweiten Verteilung, Dezentralität und Nachverfolgbarkeit. Lange Zeit wurde die Technologie aufs Coin-Mining reduziert, die Bedeutung für die Finanzmärkte oder den ersten Pizza-Kauf mit Bitcoin. 2019 erkannte ein Team der Max Planck Digital Library (MPDL) in München das Potenzial der Blockchain für die Wissenschaft und den Nutzen im Forschungsalltag. Sie starteten das Projekt bloxberg, die erste offene Wissenschafts-Blockchain.
Seit nunmehr fünf Jahren wächst das bloxberg-Netzwerk, inzwischen sind 55 Universitäten und Forschungseinrichtungen Teil davon. Von der Universität Johannesburg bis zur Georgia Tech und dem University College London stehen die Einrichtungen mit ihrem guten Ruf für die Integrität der bloxberg-Blockchain. Heute gibt es die verschiedensten Anwendungen, die auf bloxberg laufen: Studierende der Informatik können zum Beispiel eigene Ideen, Abschlussarbeiten, Code-Schnipsel oder ganze Apps mit wenigen Klicks auf der Blockchain zertifizieren.
Dafür existiert sogar eine eigene Zertifizierungs-Anwendung auf bloxberg. Hier kann sich jeder einen Zeitstempel generieren und diesen dann als Dokument speichern. So kann später nachgewiesen werden, wer eine Idee zuerst hatte, beispielsweise bei Patentstreitigkeiten oder wenn es darum geht, den Anteil an einem Projekt nachzuweisen. Selbst bei Nobelpreis-würdiger Forschung kann ein Zeitstempel den entscheidenden Unterschied machen. „Das ist ein echter Game-Changer“, sagt Sandra Vengadasalam, eine der bloxberg-Initiatorinnen.
„In Zeiten von generativer KI und Fake News kann bloxberg dazu beitragen, Urheberrechte durchzusetzen und menschliches Schaffen von maschinen-generierten Inhalten zu unterscheiden.“ Ihre Kollegin, bloxberg-Mitgründerin und Informatikerin Friederike Kleinfercher, sieht die Wissenschafts-Blockchain als großen Schritt in Richtung Dezentralisierung des Wissenschaftsbetriebs: „Mithilfe der Blockchain-Technologie können wir in den kommenden Jahren Wissenschaft und Forschung demokratisieren.“ Derzeit, so Kleinfercher weiter, sähen sich Forscherinnen und Forscher in ihrem Streben nach Erkenntnis behindert durch zentralistische Strukturen, mächtige Institutionen und ein Publikationssystem, bei dem man teilweise für wissenschaftliche Veröffentlichungen viel Geld zahlen muss. „All das macht Forschenden das Leben schwer.”
Weitere Infos zu bloxberg gibt es auf bloxberg.org/hitech
Nach und nach finden die ersten Science-Blockchain-Anwendungsfälle ihren Weg in den Mainstream. So werden zum Beispiel aktuell über das sogenannte molecule-Protokoll mehr als neun Millionen Dollar in die Forschungsgebiete „Langlebigkeit“ und „Frauengesundheit“ investiert – ohne, dass die Forschenden von einer Universität oder Forschungseinrichtung abhängig wären.
Für Studierende ist das Thema „Dezentralisierte Wissenschaft“ beziehungsweise „Decentralized Science“ – DeSci – ein spannendes Forschungsfeld im Aufbruch. Wer sich hier einarbeitet, kann aktiv an der Gestaltung der Zukunft der Wissenschaft mitwirken. Vom direkten Austausch mit anderen Forschenden ohne zentrale Institutionen oder Verlage als Gatekeeper bis hin zu innovativen Wissenschafts-Finanzierungsmodellen auf der Blockchain ist alles möglich – in der Zukunftswelt der demokratisierten Wissenschaft.
Mehr mit, von und über beeindruckende Frauen liest du bei uns unter der Rubrik „Frauen x Tech“.