Der Wechsel aus der entspannten Uni in den ersten, „richtigen” Job bringt einige Herausforderungen mit sich. Vor allem, wenn aus Studierenden plötzlich Führungskräfte mit Verantwortung werden. Wir nehmen 5 häufige Fehler ins Visier, die jungen Führungskräften leicht passieren.
Fehlender Perspektivwechsel
Natürlich ist jede Situation verschieden, die meisten Berufseinsteiger:innen sind aber wohl relativ ungebunden, sehr flexibel in ihrer Zeitplanung und wollen jetzt endlich richtig durchstarten. Das ist deine Situation. In deinem Team wirst du auf verschiedenste Menschen treffen, die jeweils einen komplett anderen Hintergrund haben können. Manche haben Familie, manche trennen strikt zwischen Arbeits- und Freizeit und auch Religionen können eine Rolle spielen. Ganz klar anhand eines Beispiels gesagt: Nur, weil du beschließt, bis 22 Uhr erreichbar zu sein und du am Wochenende deine Mails checkst, muss das niemand anderes auch tun. Deine persönliche Entscheidung darf keine negativen Konsequenzen auf die Work-Life-Balance des Teams haben.
Genauso haben die meisten einen unterschiedlichen Kenntnisstand zu unterschiedlichen Themen, denn genau so werden Teams zusammengesetzt: Dass sie einander helfen können und verschiedene Expertise an den Tisch bringen. Deine Expertise sollte eine andere sein als die der Teammitglieder – geh also nicht davon aus, dass jede:r in deinen Kopf blicken kann und sofort exakt das weiß, was du weißt. Andersherum sollte das natürlich auch funktionieren. Bedenke also immer und jederzeit, dass du mit Menschen arbeitest, nicht mit Robotern und schließe nicht von dir selbst kategorisch auf alle anderen.
Personalplanung: Kurzfristige Denkweise und verinnerlichtes Verhalten
Beim Thema Personalplanung gibt es wirklich viele verinnerlichte Strukturen, das ist bei jedem von uns so. Sich dessen bewusst zu werden, ist oft nicht nur ein Schritt, sondern ein dauerhafter Prozess. Beispiel: Einmal ist oft ein Grundgedanke, dass du jemanden einstellst, der oder die dann so lange und so stabil wie möglich auf dieser Position verweilen soll. Das absolute Gegenteil ist die Realität und das solltest du immer im Hinterkopf haben. Es ist nicht normal, dass diese Person wirklich die nächsten 30 Jahre auf dieser Stelle sitzt und sich nicht weiter verändern wird. Stattdessen ist Fluktuation völlig natürlich. Ob nun ein neues Projekt, ein Arbeitgeberwechsel, Elternzeit oder Pflegezeit von Angehörigen bis hin zu Burn-Outs: Es kann immer und jederzeit einen Grund geben, wieso eine Stelle (temporär) neu besetzt werden muss. Deine Realisierung sollte sein, dass niemand so arbeiten und leben muss, dass er oder sie für dich und deine Personalplanung bequem ist. Gerade gegenüber Frauen ist die Elternzeit ein verinnerlichter Vorwurf, der sich dir durch deine kurzfristige, egozentrische Denkweise richtig zum Nachteil auswirken kann: Klar, die Kollegin ist vielleicht zwischen 1 bis 3 Jahre nicht aktiv. Danach muss sie aber weitere 30 Jahre bis zur Rente arbeiten, es gibt nur selten Ausnahmen, gerade in teuren Ballungszentren. In Zeiten des Fachkräftemangels hast du gerade durch einen respektvollen Umgang mit Müttern die Chance, eine erfahrene Fachkraft langfristig zu binden. Hör also auf, ausschließlich kurzfristig zu denken und reflektiere verinnerlichtes Fehlverhalten.
Alles sofort auf den Kopf stellen wollen
Deine Tatkraft dringt dir aus jeder einzelnen Pore und du willst loslegen, hast einen Plan und siehst das glasklare Ziel? Das ist super! Mit deiner Motivation sicherlich auch dein Team mitreißen. Du solltest dir aber am Anfang definitiv Zeit nehmen, um die Prozesse und Arbeitsweisen der Menschen kennenzulernen. Nichts kommt so schlecht an, wie ein so empfundener Neuling, der nach Ermessen der Alt-Eingesessenen „keine echte“ Erfahrung mitbringt, aber alles besser weiß und alles umwerfen möchte. Zwischenmenschlich und kulturell baust du dir mit dieser Art ganz schnell Mauern auf, die du im Nachgang erst einmal wieder abbauen können musst – was nicht garantiert ist. Lerne die Menschen kennen und vor allem die Gründe, warum sie welche Prozesse etabliert haben – im Normalfall hat niemand Interesse an umständlichen und unnötigen Prozessen. Heißt, es gibt oft einen Grund, weshalb etwas auf eine bestimmet Weise erledigt wird. Nicht immer, aber doch im Regelfall. Habe dabei in erster Instanz Vertrauen, dass sie sich ihren Teil dabei gedacht haben. Frage nach, arbeite ganz offensichtlich am Verständnis und erarbeite dir so ein gewisses Standing in deinem Team, bevor du mit fundiertem Wissen und der Unterstützung deines Teams die gewünschten Änderungen angehst.
Fehler sind erlaubt, müssen es sein.
Du möchtest deinen eigenen Vorgesetzten Resultate zeigen und beweisen, dass du die oder der Richtige für den Job bist. Daran ist gar nichts verkehrt. Es kommt aber sehr wohl darauf an, wie du diesen Leistungswillen umsetzt. Klar, in jedem Projekt gibt es Aufgaben, die einfach „stupide“ abgearbeitet werden müssen. Der Spaßfaktor bleibt gering, aber sie werden erledigt und legen oft die Basis für das weitere Gelingen. Um aber mehr als eine reine to do-Liste zu erledigen, braucht es Innovation. Um etwas wirklich voranzutreiben und langfristig erfolgreich zu sein, braucht es Innovation. Du und dein Team, ihr müsst dafür nicht das Rad neu erfinden. Ihr müsst zusammenarbeiten, Dinge und Prozesse ausprobieren und euch gegenseitig den Raum geben, Fehler zu machen. Gegenseitig? Absolut. Du darfst auch Fehler machen und sie am Ende nicht peinlich berührt unter den Teppich kehren, nur weil du die Führungskraft bist.
Mitarbeitende Grenzen ziehen lassen
„Wir sind wie eine Familie.“ Das mag für manche Menschen positiv klingen, bietet für viele andere aber die Basis einer toxischen Unternehmenskultur. Miteinander arbeiten beinhaltet natürlich immer eine soziale Komponente, aber diese darf niemals erzwungen werden und muss sich unbedingt in Grenzen bewegen! Jemand möchte nicht beim Wintergrillen dabei sein? Das muss ohne weiteren Kommentar in Ordnung gehen. Das wöchentliche Kickern, lauschige Feierabend-Drinks in hippen Bars – für manche ist es spaßig, für andere eine echte Belastung. Das darf niemandem zum Vorteil und niemandem zum Nachteil gereichen.
Eine Familie bietet (im Idealfall) bedingungslose Liebe und einen Ort, an dem man ganz sich selbst sein kann. Das sind Ansprüche, die ein Unternehmen nicht bieten kann und es auch nicht sollte. Zudem kann ein familiärer Zwang die Stimmung im Team massiv negativ beeinflussen – will hier etwa jemand die Familie kritisieren oder gar verlassen? Ein vermeintliches Unding! Und schon etablieren sich subkulturelle Strömungen der Grüppchenbildung, mit sozialem Zwang und all dem, das wir glücklicherweise mit der Schule hinter uns gelassen haben. Warum es jetzt wieder etablieren?
In einer Familie geht es im Normalfall auch nicht um das Erreichen unternehmerischer Ziele. In deinem Team sollte eine ausgewogene Kultur aus Leistungsprinzip und Freiheit für Innovation herrschen, das unterscheidet es massiv von den Gegebenheiten in einer Familie.
Ein Familienmitglied ist unersetzlich, nicht austauschbar. Diese Ansprüche haben im beruflichen Kontext nichts zu suchen. Wenn Mitarbeitende oder du diese an deine Mitarbeitenden oder Kolleg:innen stellst, überschreitest du die Grenzen deutlich. Arbeitskontakte sind nicht dazu da, dir persönliche Sicherheit zu geben, wie es eine Familie tut. Ziehe also selbst Grenzen, sei dabei ein Role Model und akzeptiere, wenn deine Teammitglieder subjektive Grenzen etablieren.
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