Gerade die Generation Y möchte sich im Job wohlfühlen. Neben einem fairen Gehalt sollte der Beschäftigte auch von der gewählten Aufgabe gefordert und auf lange Sicht erfüllt werden. Doch dies sind nur drei von vielen Voraussetzungen, die es bei der Berufsorientierung zu beachten gilt. Wann stellt ein Job einen Ingenieur oder Informatiker zufrieden? Die Antwort lautet für keine zwei Leute gleich, denn so individuell wie Menschen sind, so individuell sind auch die Kriterien, die für mehr Zufriedenheit im Arbeitsleben sorgen. Doch wer sich selbst kennt, dem steht für eine erfüllte Karriere nichts im Weg.
Die eigenen Präferenzen kennen
Als Karriereberater ist man häufig mit der Situation konfrontiert, dass die Mandanten schlechte Erfahrungen im Beruf gemacht haben und nun nicht wissen, was sich verändern sollte, damit endlich etwas mehr Zufriedenheit einkehrt. Generell wird dann versucht, im Gespräch mit den Menschen ihre wesentlichen „Präferenzen“ herausarbeiten. Trotz großer Individualität, verhalten sich viele Menschen in einigen Belangen des Lebens doch ähnlich:
Ist man eher introvertiert und vielleicht analytisch, dann ist eine vertriebsnahe Aufgabe nicht unbedingt der Quell lang anhaltender Arbeitszufriedenheit. Für den eher extrovertierten Netzwerker sind komplexe Konstruktionen mit langen Stücklisten oder permanentes Programmieren ebenso unbefriedigend. Es gilt das Motto: „Jeder kann alles“ – nur der jeweilige Aufwand ist bei verschiedenen Präferenzen deutlich unterschiedlich.
Wie finde ich meine Präferenzen heraus?
Der sicherste Weg ist zur Ergründung der eigenen Präferenzen sich an einen guten Karriereberater zu wenden. Im Gespräch und mit verschiedenen Testverfahren (Insights, Bochumer Inventar, 5 M, …) wird die individuelle Präferenz herauskristallisiert. Natürlich kann man solche Testverfahren auch an sich selbst anwenden, allerdings besteht hier das Risiko der Selbst-Manipulation: Zwar will sich niemand willentlich durch Falschaussagen ins eigene Fleisch schneiden, aber die Erfahrung zeigt, dass Menschen Fragen oft so beantworten, wie sie sich gerne sehen und verhalten würden, nicht wie sie tatsächlich sind.
Talentsendungen im Fernsehen zeigen oftmals auf drastische Weise, wie sich Menschen selbst falsch einschätzen, oftmals zum Gelächter des Publikums. Aber wenn hervorragende Performer sich selbst für unzureichend für einen TV-Auftritt halten, so bleibt ihr Talent weiter unentdeckt. Ein erfahrener Karriereberater bietet da eine deutlich größere Sicherheit und die Erfahrung lehrt, dass die anschließende Karriere dann tatsächlich „Fahrt aufnimmt“.
Eigne ich mich für den Chefsessel?
Eine weitere Frage ist, ob man sich selbst eine Führungsaufgabe im betrieblichen Kontext zutraut. Auch Studienabgänger sollten sich diese Frage stellen, und bereits im Bewerbungsgespräch zum Thema machen: Welche Aufstiegschancen können mir über die Zeit geboten werden? Die Führungsfrage kann von den meisten Menschen erst richtig beantwortet werden, wenn man erste Erfahrung gesammelt hat. Eine gewisse Eignung kann man aber auch schon früher, im privaten Umfeld, an einigen Kriterien ausmachen.
Eine gute Führungspersönlichkeit sollte konfliktfähig sein. Immerhin werden besonders in jungen Jahren einer Führungskraft von den eigenen Mitarbeitern zum Teil übertriebene Forderungen an den Vorgesetzten formuliert. Darüber hinaus üben andere Bereiche Kritik an der zu leitenden Abteilung aus und auch der erfahrene Chef erwartet zum Teil schnelle und damit vielleicht harte Entscheidungen. Menschen mit guten Führungseigenschaften managen diese Art von Konflikten ohne Magenverstimmung oder schlaflose Nächte.
Wenn man schon im Voraus weiß, dass man den Chefsessel anstrebt und sich als Führungskraft eignet, fällt es jedem sehr viel leichter, den Job zu finden, der eine hohe Arbeitszufriedenheit ermöglicht.
Stimmt die Chemie zum Chef?
Im nächsten Schritt gilt es im Bewerbungsprozess oder in den Gesprächen herauszufinden: Kann ich mit diesem Chef oder dieser Chefin gut zusammen arbeiten? Hier empfehlen wir Karriereberater unseren Kunden vor allem auf den „eigenen Bauch zu hören“. Dort, wo von Beginn an Sympathie herrscht, läuft es auch im späteren Berufsalltag in aller Regel besser. Ein eher neutrales Empfinden gegenüber dem Chef oder der Chefin könnte ein frühes Anzeichen für ein eher unterkühltes Betriebsklima sein. Hier wird zur Vorsicht geraten, auch wenn dort einige Hundert Euro mehr bezahlt werden. Wir erleben es immer wieder, dass Kandidaten über die Firma schwärmen, das Gehalt und vieles sonst – und den potenziellen Chef oder die potenzielle Chefin als „etwas gewöhnungsbedürftig“ empfinden, sich aber dennoch für den Job entscheiden. Häufig genug sind diese Engagements dann von kurzer Natur oder führen zu viel Frust und wenig Arbeitsfreude.
Als Outplacement-Berater berate ich häufig Menschen, die aus einem Job entfernt werden sollen, wenn beispielsweise die Chemie zum Chef oder zur Chefin fehlt. Was mich und meine Kollegen wundert ist, dass die Unternehmen selbst viel zu wenig darauf reagieren, dass in ihren Reihen Führungskräfte existieren, die einen hohen Verschleiß an Mitarbeitern haben. Das scheint noch eines der großen zu lösenden Probleme zu sein, bei dem sich aus meiner Sicht keine echten Verbesserungen in den vergangen Jahren gezeigt haben.
Inwiefern kann ich meinen Arbeitsalltag beim derzeitigen Arbeitgeber verbessern? Wann ist der richtige Moment zu gehen?
Diese Frage ist praktisch nur individuell zu beantworten. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, mit dem Chef oder der Chefin offen die eigenen Erwartungen zu besprechen. Darauf warten und hoffen, dass sich etwas zum Besseren wendet, heißt, auf einen unberechenbaren Zufall warten. Wenn die Arbeit und die Umstände nicht ideal, aber doch ganz erträglich sind, dann kann die Zeit dazu genutzt werden, Arbeitszeit bei einem Arbeitgeber „anzuhäufen“. Parallel kann man sich jedoch am Jobmarkt umsehen, um eventuell eine attraktivere Stelle ausfindig zu machen. Wichtig ist, dass dem Arbeitnehmer klar ist oder wird, wie der nächste Schritt aussehen sollte.
Folgen den Gesprächen mit dem Chef oder der Chefin innerhalb der nächsten Monate keine Taten, dann sollte man sehr konsequent den Arbeitsmarkt bearbeiten und sich nicht von mehrfachen Absagen abschrecken lassen. Der häufigste Fehler, den wir Outplacementberater beobachten, ist, dass viele Menschen die Stelle wechseln, weil sie weg wollen und das Neue an sich attraktiv finden. Aber ob dieser Wechsel strategisch die eigenen Bedürfnisse befriedigt (Karriere, Familienleben, Region usw.) bleibt oftmals dabei auf der Strecke und wird sehr häufig im Nachhinein als Fehler empfunden.
Welches Job der richtige ist, ist also eine sehr individuelle Angelegenheit. Doch egal ob extrovertiert, analytisch, ehrgeizig oder ein guter Mix – Fakt ist, wer sich, seine Präferenzen und Zukunftswünsche kennt, der weiß auch, was für ein Job sie oder ihn glücklich stimmen wird. Dem beruflichen Glück steht also nichts im Weg.
Thomas Mittmann gründete 2009 die Unternehmensberatung Outplacement Mittmann. Als Karriere- und Outplacement-Berater hilft er Menschen, die sich beruflich neu orientieren, bei Übersicht und Recherche des Stellenmarkts – zum Beispiel durch Bewerbungscoachings beim Erhalt der gewünschten Position. Er selbst erfand sich über die Jahre ebenfalls immer wieder neu: Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Orgelbauer 1980 studierte er Ingenieurwesen und arbeitete darauf als Leiter im Bereich Operations bei verschiedenen Firmen.