Für viele ist das Bewerbungsgespräch eine große Hürde vor dem langersehnten Traumjob. Doch mit der richtigen Vorbereitung kann sich jeder trotz dieser Stresssituation von seiner besten Seite zeigen. Management- und Karrierecoach Katja Loose erzählt, wie man den Prozess von der Bewerbung bis hin zum persönlichen Gespräch am besten meistert und womit man in einem Vorstellungsgespräch rechnen sollte.
Alles beginnt mit der passenden Bewerbung
Der Lebenslauf dient dem Arbeitgeber dazu, einen Überblick über den fachlichen Hintergrund der BewerberIn zu geben und die Fakten zur Person schnell zu erfassen. Auch wenn der Lebenslauf weniger inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten bietet, können hier einzelne Punkte mehr oder weniger ausformuliert werden – in Abhängigkeit davon, welche Dinge für die ausgeschriebene Stelle entscheidend sind: für die Position überflüssiges weglassen.
Im Anschreiben steht die Motivation für den Job und Arbeitgeber im Vordergrund und wie der oder die BewerberIn als Mensch ist. Es darf kein Standardschreiben sein, sondern aus jedem Anschreiben muss hervorgehen, warum genau dieser Arbeitgeber und genau diese Position angestrebt werden. Dies muss genauso im Bewerbungsgespräch benannt werden können. Sei dir bewusst, dass jeder Personaler täglich Anschreiben überfliegt und aus reiner Routine erkennt, wie viel deines Anschreibens in die Kategorie copy&paste gehören.
Die richtige Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch
Damit du überzeugst, ist für die schriftliche Bewerbung und verstärkt für das persönliche Gespräch die vorhergehende Reflexion erforderlich: Welche Talente und Stärken haben mich bislang befeuert? Worin bin ich gut? Welche Tätigkeiten fallen mir leicht? Was motiviert mich? Arbeite ich lieber allein oder im Team? Lieber frei oder mit viel Anleitung? Wozu werde ich von anderen häufig um Rat oder Hilfe gebeten? Was schätzen andere an mir? Was mir im Inneren nicht klar und bewusst ist, kann ich im Äußeren nicht gut darstellen und vertreten. Deswegen ist diese vorhergehende Reflexion und die sich daraus ergebende innere Haltung so wichtig. Wichtig ist aber auch, dass man sich überlegt, welche Anforderungen der potenzielle Arbeitgeber haben könnte und ob diese Anforderungen zu den eigenen Vorstellungen und Vorlieben passen.
Niemand ist in allen Bereichen sehr gut. Wenn ich zum Beispiel jemand bin, der sehr strukturiert vorgeht, gern sichere und klare Rahmenbedingungen hat, dann bedeutet das meist auch, dass ich nicht besonders flexibel bin und ungern permanent neue Rahmenbedingungen erhalte.
Bin ich hingegen jemand, der die Veränderung total liebt, dann stehe ich nicht für Ausdauer und Geduld. Und dazu sollte ich stehen!
Womit sollte ich im Bewerbungsgespräch rechnen?
Bei eher traditionellen Unternehmen und technisch-analytischen Jobs steht oft die fachliche Qualifikation im Vordergrund. Häufig müssen schon realitätsnahe kleine Arbeiten zu Hause erstellt und mitgebracht werden oder während des Gespräches gelöst werden. Bei anderen Jobs geht es den Arbeitgebern eher darum, welche Persönlichkeit der Bewerber mitbringt, da das Studium ohnehin nicht konkret auf den Job vorbereitet hat. Der „cultural fit“ steht im Vordergrund. Von Telefoninterview über (mehrere) Interviews mit einer bis mehreren Personen oder potentiellen Kollegen, über Arbeitsproben, Rollenspiele und Assessment Centern ist alles möglich und von Arbeitgeber zur Arbeitgeber unterschiedlich.
Eine gute Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch ist wichtig, allerdings sollte man Antworten nicht vorher auswendig lernen. Sonst wirkt es unnatürlich und einstudiert. Und das veranlasst einen guten HRler, nachzuhaken. Stattdessen lieber Zeit lassen bei der Beantwortung der Fragen und kurz über die Antwort nachdenken. Wenn die Fragen nicht richtig verstanden wurden, sich trauen, nachzufragen.
Wichtig ist es immer, Beispiele für seine Fähigkeiten benennen zu können, also ein Beispiel parat zu haben, wie man in Konfliktsituationen reagiert hat oder ein Beispiel, dass die eigene Teamfähigkeit beschreibt oder zu der Anforderung passt, die in der Stellenbeschreibung gewünscht wird. Menschen denken in Bildern und Beispiele bleiben besser bei den Recruitern hängen.
Bei einer Frage nach Schwächen kann man die Antwort auch so formulieren: Ich arbeite daran, … noch weiter auszubauen oder …. mir noch mehr zuzutrauen. Was mir hilft, dies zu tun ist…. Ansonsten dient die Frage nach Schwächen dem Zweck, deine Ehrlichkeit zu testen. Wer am Tag mehrere Vorstellungsgespräche führt, hört mehrfach die Antwort „Ich bin ungeduldig und perfektionistisch“. Also besser etwas Individuelles überlegen.
Ehrlich währt am längsten. Eine hilfreiche Guideline ist: Alles, was ich sage, muss wahr sein. Aber: Ich muss nicht alles sagen. Manchmal haben Bewerber das Gefühl, ihre „Schwächen“ oder auch Dinge, die aus Ihrer Sicht im Leben nicht rund gelaufen sind, im Detail erklären und rechtfertigen zu müssen.
Was tun bei Nervosität?
Im Bewerbungsgespräch nervös zu sein ist nichts Schlimmes, sondern wird häufig sogar als sympathisch empfunden. Um die Nervosität in den Griff zu bekommen, hilft es, sich auf das Atmen zu konzentrieren. Wenn man vor dem Gespräch schon nervös ist, tief ein- und vor allem ausatmen. Außerdem kann es helfen, an einen Moment denken, in dem man erfolgreich war oder etwas gut gelungen ist. Dazu ein Bild vor das innere Auge holen, dies wirkt positiv im Gehirn. Funktioniert!
Hilfreich gegen Nervosität ist natürlich auch eine gute Vorbereitung auf den Arbeitgeber und das Gespräch. Rechtzeitig da sein und lieber in der Nähe noch einen Kaffee oder Tee trinken, gegebenenfalls vorher den Weg abfahren. Gut überlegen, was man anzieht und alles bereit haben.
Und sonst noch …
Als Student bewerbe ich mich auf Positionen, die für Berufsanfänger sind. Bitte nicht erwarten, dass man schon alles können und wissen muss. Jede(r) sollte sich natürlich möglichst gut verkaufen, jedoch nicht um jeden Preis. Denn schließlich wird man zukünftig in dem Job die meiste Zeit des Lebens verbringen. Deswegen sollte jeder Bewerber auch für sich schauen, ob die Inhalte und Rahmenbedingungen zu dem passen, was er oder sie sich wünscht. Zum anderen: Gerade in der Startzeit deiner Karriere solltest du dich auch darin üben, dich anzupassen und nicht mit überzogenen Forderungen aufzutreten.
© Katja Loose | Excellence in Talents