Mindelheim, ein kleiner Ort im Umland Münchens, ist der Sitz der GROB-WERKE, eines Maschinenbauunternehmens mit stolzen 6.500 Mitarbeitern weltweit. Wolfram Weber, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung, beschreibt im persönlichen Interview mit HI:TECH CAMPUS, mit welcher Unternehmenskultur das Familienunternehmen zum Weltmarktführer geworden ist und welche Möglichkeiten zum Berufseinstieg sich für Ingenieure und Informatiker bieten.
Herr Weber, erzählen Sie unseren Lesern doch bitte eingangs etwas über sich selbst. Sie sind vor zehn Jahren von Roland Berger gekommen und in die Geschäftsführung von GROB gewechselt. Wie darf man sich so einen Wechsel vorstellen von der Beratung in die Industrie?
Der Wechsel aus der Beratung in die Industrie war durchaus eine große Umstellung für mich. Als Berater hatte man zwar einen sehr anspruchsvollen Job, sowohl intellektuell als auch zeitmäßig. Als Geschäftsführer hat man jedoch eine ganz andere Verantwortung. Man muss Strategie nicht nur entwickeln, sondern auch in die Praxis umsetzen. Dies bleibt einem Berater erspart.
Was für Qualifikationen haben Sie in der Beratung bei Berger erworben und was fehlt einem noch, wenn man als Consultant in die Industrie wechselt und plötzlich die Verantwortung für viele Tausend Mitarbeiter hat?
In der Beratung kann man in sehr kurzer Zeit sehr viel lernen. Man sieht ganz unterschiedliche Unternehmen und Fragestellungen. Darüber hinaus lernt man analytisch zu arbeiten, mit Menschen in schwierigen Situationen umzugehen und leider auch auf Freizeit zu verzichten. Insofern hat man eine sehr gute Vorbereitung für einen Job in der Industrie. Die größte Herausforderung als Manager war und ist auch noch heute für mich, die richtige „Flughöhe“ zu haben, das heißt zu wissen, wann man ins Detail abtauchen muss und wann man die Mitarbeiter selbstständig arbeiten lässt.
Beschreiben Sie doch bitte, wofür GROB heute steht und in welchen Geschäftsfeldern das Unternehmen unterwegs ist?
GROB steht für Innovation in einem sich schnell verändernden internationalen Umfeld. GROB ist Weltmarktführer für zerspanende Produktionsanlagen zur Herstellung von Komponenten des automobilen Powertrains. Mit anderen Worten, die großen Automobilfirmen kaufen von uns die Maschinen, die sie benötigen, um ihre Motoren und Getriebe zu produzieren. Darüber hinaus produzieren wir auch universelle Bearbeitungszentren, die Werkstücke aller Art produzieren können, etwa Werkstücke aus der Luftfahrtindustrie oder der Medizintechnik. Seit einigen Jahren beschäftigen wir uns auch intensiv mit der Elektromobilität.
Wenn Sie auf die letzten zehn Jahre zurückblicken: Welche Ihrer Produkte haben sich besonders weiterentwickelt?
In den letzten zehn Jahren waren wir gezwungen, alle unsere Produkte weiterzuentwickeln, die Wettbewerber schlafen leider nicht. Insofern ist es schwer, einzelne Produkte hervorzuheben. Sehr stark erhöht haben sich jedenfalls die Ansprüche unserer Kunden an die Automatisation und die Digitalisierung.
Aus der Automobilbranche kommen Ihre wichtigsten Auftraggeber, bei denen die Elektrifizierung das beherrschende Thema ist. Die Komplexität von E-Antrieben ist deutlich geringer als die von Verbrennungsmotoren. Welche Auswirkungen hat dies heute auf Ihre Produktplanung?
Die Elektrifizierung des Antriebsstrang hat große Auswirkungen auf GROB. Wir sind das Thema bereits frühzeitig angegangen und bieten heute bereits Produktionsanlagen zur Produktion von Elektromotoren und Batterien. Unser Ziel ist es, künftig weltweit die Nummer 1 sowohl bei Anlagen für Verbrennungsmotoren als auch von Anlagen für hybride und rein elektrische Antriebe zu werden. Insofern ist unsere Entwicklungspipeline prall gefüllt.
Wie kommen Sie zu Innovationen? Gibt es neben der eigenen F&E auch offene Innovationsprozesse, etwa über Kooperationen mit Hochschulen?
Innovation ist unser zentrales Thema. In unserer Konstruktion gibt es über 600 Mitarbeiter, die F & E im engeren Sinne, aber auch kundenspezifische Entwicklung betreiben. Selbstverständlich kooperieren wir mit Hochschulen, aber auch die Zusammenarbeit mit Schlüssellieferanten ist hier von hoher Bedeutung.
Das Zeitalter der digitalen Transformation greift auch tief in die Fertigung ein. Der 3D-Druck etwa verspricht eine dezentralere Produktion. Wird sich durch diese Entwicklungen auch Ihr Geschäftsmodell verändern?
Die digitale Transformation spiegelt sich bei uns in unserem Lösungskonzept für die Industrie 4.0 wider. Wir haben bereits heute ein attraktives Angebot an Apps, mit denen unsere Kunden Maschinen überwachen und diverse Auswertungen machen können. Der Kunde hat dadurch maximale Transparenz in seinem gesamten Produktionsprozess. Dazu kommen Simulationsmöglichkeiten, Lösungen für den mannlosen Betrieb und ein umfassendes Paket für den Service und die Instandhaltung. Der 3D-Druck ist wieder ein anderes Feld. Aus unserer Sicht wird er die Zerspanung in keinster Weise verdrängen, sondern es handelt sich um ein komplementäres Verfahren, das besonders für Werkstücke in kleineren Losgrößen interessant ist. Auch an diesem Thema sind wir dran.
Das Interesse an Familienunternehmen als Arbeitgeber steigt bei Absolventen, weil spürbar wird, dass deren Loyalität zu Arbeitnehmern eine andere ist als die von globalen, börsennotierten Konzernen, die sich in erster Linie ihren Shareholdern verpflichtet fühlen. Wie stark empfinden Sie diese Prägung?
GROB als Familienunternehmen zeichnet sich durch eine große Wertschätzung gegenüber unseren Arbeitnehmern aus. Wir haben auch in schlechten Zeiten dafür gesorgt, dass die Arbeitsplätze sicher sind. Darüber hinaus bieten wir unseren Mitarbeitern eine weit überdurchschnittlich angenehme Arbeitsumwelt. Dafür spüren wir eine hohe Loyalität unserer Mitarbeiter. Wir zeichnen uns trotz unserer inzwischen erreichten Größen immer noch durch kurze Entscheidungswege und offene Türen aus – das schätzen unserer Mitarbeiter.
Wie würden Sie die Unternehmenskultur in Ihrem Unternehmen beschreiben und – für unsere Leser ein ganz essentieller Punkt: Wie sorgen Sie dafür, dass die von der Unternehmensführung genannten Leitbilder auch tatsächlich in allen Hierarchieebenen umgesetzt und gelebt werden?
Unsere Unternehmenskultur ist für unser tägliches Tun extrem wichtig. Wir bieten unseren Mitarbeitern ein ziemlich anspruchsvolles, aber auch sehr attraktives Umfeld. Wir sind ein überaus internationales Unternehmen, der Heimatmarkt steht nur für 15 Prozent des Umsatzes. 70 Prozent des Umsatzes wird außerhalb von Europa erzielt. Unsere Mitarbeiter haben die Möglichkeit, sehr frühzeitig international zu arbeiten. Die für uns entscheidenden Werte sind Fairness und Ehrlichkeit, Vertrauen und Wertschätzung für unsere Mitarbeiter. Darüber hinaus wollen wir, dass unser Handeln durch Optimismus, Begeisterung und Integrität gezeichnet ist. Wir haben klare Regeln der Zusammenarbeit, die wir auf allen Hierarchieebenen zu leben versuchen. Natürlich gelingt uns das auch nicht immer. Aber wir arbeiten stetig daran.
Und welche Typen fühlen sich bei Ihnen besonders wohl? Um die Frage zu präzisieren: Was muss man neben dem fachlichen Know-how mitbringen, um Sie menschlich als Bewerber zu überzeugen?
Man sollte Engagement und Begeisterungsfähigkeit mitbringen. Man muss bereit sein, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten und über den Tellerrand hinauszuschauen. Wir wollen Bewerber, die eigeninitiativ handeln und etwas erreichen wollen, die aber auch gleichzeitig Teamplayer sind.
Für Ingenieure, die frisch von der Uni kommen, ist eine der ganz zentralen Fragen, wie sie bei ihrem neuen Arbeitgeber ihr erlerntes Wissen anwenden können und wie dieser sie dabei unterstützt, sich fachlich weiterzuentwickeln. Wie gehen Sie dabei vor?
Ingenieure, die frisch von der Uni kommen, finden bei uns sehr viele Felder, in denen sie ihr Wissen anwenden können. Zunächst einmal ist natürlich entscheidend, für welche Fachrichtung sie sich interessieren. Wir bieten viele Betätigungsmöglichkeiten, ob in der Entwicklung, in der kundenspezifischen Konstruktion, im Bereich Industrie 4.0, in der IT/SAP-Anwendung oder aber auch in der Produktion. Besonders interessante Möglichkeiten bieten bei uns auch der Vertrieb und die Projektierung, die unsere Kunden von unserer Technik überzeugen müssen.
In welchen spezifischen ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen spielt bei Ihnen in den nächsten Jahren die Musik?
GROB braucht Mitarbeiter aus vielen unterschiedlichen Disziplinen. Wir suchen Ingenieure, aber auch Facharbeiter aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen, selbstverständlich auch Informatiker. Die Softwareentwicklung ist bei uns ein sehr wichtiger Bereich. Natürlich stellen wir auch Hochschulabsolventen außerhalb der Ingenieurswissenschaften ein, beispielsweise im Controlling, im Personalwesen oder im Einkauf. Den größten Bedarf gibt es aber für Maschinenbauer, denn schließlich sind wir ein Maschinenbauunternehmen.
Wolfram Weber, Jahrgang ’71, studierte BWL an der LMU München und der University of California in Berkley. Zunächst stieg er bei der Deutschen Bank im Bereich Corporate Finance ein, wechselte 1999 zur Beratung Roland Berger im Bereich Restrukturierung und ist seit 2007 Stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung und CFO bei den GROB-WERKEN in Mindelheim. Dort ist er zuständig für Finanzen, IT, Einkauf und Personal.
Die GROB-Gruppe verfügt über 6.500 Mitarbeiter weltweit und erbringt im Geschäftsjahr 2017 rund 1.5 Milliarden Euro Umsatz. Das Unternehmen ist zu 100 Prozent im Besitz der Familie Grob.
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