Durch die Verknüpfung mit der IT ist auch die Elektrotechnik im Wandel. Generell sind multidisziplinäre Ansätze heutzutage für Elektrotechniker Gang und Gebe. Marcus Meisel, Leiter der Forschungsgruppe Energy&IT am Institut für Computertechnik (ICT), zeigt anhand der Forschungsschwerpunkte der TU Wien, auf was Absolventen der Elektrotechnik zukünftig beim Berufseinstieg achten müssen.
Die Elektrotechnik bietet viele Vertiefungen, die angehenden Absolventen den Berufseinstieg in eine sehr spannende Branche ermöglicht. Durch die immer stärkere Verknüpfung von Elektrotechnikbranche mit der IT entstehen auch neue Studiengänge, wie beispielsweise der Master „Embedded Systems“ an der TU Wien: Denn die Studierenden von heute benötigen einen Überblick über analoge und digitale Schaltungsdesigns sowie deren Verbindung in Mixed-Signal-Schaltungen. Außerdem über die Entwicklung und wissenschaftlichen Analyse von System-on-Chips, die in informationstechnischen Systemen und informatischer Methodik angewendet werden.
AbsolventInnen verfügen damit über sehr wichtiges Know-how zum Design applikationsspezifischer, optimierter Embedded Systems. Zusätzlich eignen sie sich ergänzendes Wissen an, etwa, was die Realisierung von Funktionalität in Systemen aus Hardware- und Softwarekomponenten betrifft. Im Hinblick auf sicherheitsrelevante Bereiche müssen Berufseinsteiger in der Elektrobranche fähig sein, Mittel der Systemverifikation in Entwurfsprozessen einzusetzen und so Security- und Safety-Aspekte mit wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten. Ergänzend dazu benötigen sie domänenspezifisches Wissen über wichtige Anwendungsgebiete informationstechnischer Systeme, wie beispielsweise der Automation, Robotik und Leittechnik sowie Energie- und Informationsnetzen der Zukunft.
Wenn es um den konkreten Berufseinstieg geht, können und sollten AbsolventInnen nach folgenden Berufsprofilen Ausschau halten:
- Entwicklung und Projektierung von Einzel- und Gesamtkomponenten bis hin zum vollständigen Systemdesign im Umfeld eingebetteter Systeme sowie der applikationsnahen Systemintegration oder von interdisziplinären Projekt- und Entwicklungsteams
- Verantwortungsvolle Tätigkeiten im Bereich der Konzeptionierung, Planung und Umsetzung computerbasierter Steuerungssysteme
- Eigenständige Forschungstätigkeit an Universitäten, Forschungszentren und in der Industrie
Unabhängig davon, wo die Elektrotechniker und Informatiker letztlich einsteigen: Geprägt werden die zukünftigen Aufgaben vor allem von technologischen Fortschritten, die meistens in Forschungseinrichtungen entwickelt werden. Deren Ergebnisse ermöglichen neben der fortschreitenden weltweiten Vernetzung von Menschen und technischen Systemen den räumlich und zeitlich unbegrenzten Zugang zu Informationen. Dazu kommen zunehmende technologische Unterstützung aller Lebensbereiche und der industriellen Produktion sowie die gesicherte Versorgung mit Energie und deren nachhaltige Bereitstellung.
Neben dem Masterstudium Embedded Systems gibt es an der Fakultät für Elektrotechnik der TU Wien noch fünf weitere Masterstudiengänge wie beispielsweise „Energie- und Automatisierungstechnik“, „Telecommunications“, „Mikroelektronik und „Photonik“, „Biomedical Engineering“ und „Materialwissenschaften“. Die Breite der Berufstrends eines Elektrotechnik Studiums wird erst bewusst, wenn die fünf Forschungsschwerpunkte der Fakultät über ihre Inhalte und Schnittmengen betrachtet werden.
- Neue Energiesysteme: Es werden neue Technologien benötigt, die eine nachhaltige Energiebereitstellung und Nutzung möglichst lokal und regional ermöglichen. Die dafür notwendige Automatisierung dieser Komponenten, um die dezentralen Erzeugungsanlagen über Smart Grids zu koordinieren, benötigen den Input vieler Sektoren, die neu gekoppelt werden müssen. Energieverbraucher müssen nicht nur in ihren Antrieben hoch effizient werden, sondern auch Prozessflexibilität jeder Art für das Gesamtsystem bereitstellen. Neue Leistungsmodule und Regelverfahren sind dafür notwendig.
- Telekommunikation: Die Versorgung mobiler Geräte, modernste Funktechnologien, ultraschnelles Breitbandinternet – jederzeit an jedem Ort – ist die Kommunikation der Zukunft. Dazu zählen auch ganz neue Bereiche wie die Verkehrsinfrastruktur oder Industrie 4.0, die traditionell nichts mit Kommunikationsnetzen zu tun hatten.
- System- und Automatisierungstechnik: Die Produktionstechnik benötigt für die Zukunft intelligente Roboter, die sensitiv in unterschiedlichen Umgebungen arbeiten können. Erst so werden auch Kollaborationen mit Menschen möglich. Dazu wird neue Präzisionsmesstechnik oder Sensorik für jeden Maßstab entwickelt, um die Umwelt schneller zu verstehen.
- Mikro und Nanoelektronik: Neue Bauelemente benötigen immer kleinere Laser, Transistoren oder Sensoren. Diese müssen erst entwickelt werden, bestehen nur noch aus einzelnen Atomlagen und werden am Quantenlimit betrieben. Erst diese Bauelemente ermöglichen Ressourceneffizienz, Geschwindigkeit und ganz neue Anwendungen, die später in Hi-Tech jeder Art verbaut werden.
- Photonik: Diese beschäftigt sich von tiefem Infrarot bis in den Röntgenstrahlbereich mit der Erzeugung und Anwendung von Laserstrahlung. Sie ermöglicht damit Quantenkryptographische Anwendungen und Attosekundenphysik zur Untersuchung der Dynamik von Prozessen. Außerdem auch Terabits pro Sekunde schnelle Datenübertragung über interkontinentale Glasfaserleitungen und bietet die Grundlage für Graphen basierende Bauelemente mit noch unerforschten Eigenschaften.
„In meiner Forschungsgruppe suche ich nicht nur nach interessierten Studierenden in diesen Forschungsschwerpunkten, sondern auch fakultäts- und sogar universitäts- und disziplinübergreifend nach MitarbeiterInnen. Gemeinsam wollen wir die Herausforderungen ambitionierter Projekte bewältigen. SmartHome ist beispielsweise ohne Medizin, Psychologie-Expertise und Sozialwissenschaften zu einfach gedacht. Genauso geht es auch nicht ohne selbstagierende dezentrale Energiesystemkomponenten, Biologie, Statistik und Informatik“, erzählt Marcus Meisel, Leiter der Forschungsgruppe Energy&IT am Institut für Computertechnik (ICT).
Multidisziplinäre Forschung ist spannend und zukunftsorientiert – nicht nur an Universitäten. Sie vereint Theorie und Praxis in ein kreatives Geflecht, das immer notwendiger wird, um komplexe Probleme in lösbare Teilaspekte zerlegen zu können. Viele Branchen und Firmen sind in diesen Trends tätig. In den nächsten fünf bis zehn Jahren kommt eine Welle an Pensionierungen der „grauhaarigen Ingenieure“ auf die Branche zu, die bisher die alten und neuen Infrastrukturen geschaffen und trotz steigender Dynamik funktionsfähig gehalten haben.
Neue Expertinnen und Experten in den Gebieten müssen sich rasch beide Welten anlernen, um in gemischten Teams von dem Gleichen zu reden und neuen Anforderungen gewachsen zu sein. Junge Menschen sind gefragt, die sich nicht nur mit Problemen aus ihrer Umwelt beschäftigen und Lösungen konzipieren wollen. Sie sollten auch willens sein, von ExpertInnen on-the-job weiterzulernen und so mit Vorbildern in multidisziplinärer Teamarbeit heute scheinbar Unmögliches morgen möglich zu machen.
Für ElektrotechnikerInnen standen die Jobchancen noch nie besser!
Dipl.-Ing. Marcus Meisel ist seit 2007 am Institut für Computertechnik der TU Wien, arbeitet dort als Universitätsassistent und leitet als Projektmanager unter anderem die Projekte PinPoint IoT, Spin.OFF, INGE, eNDUSTRIE 4.0, iniGrid und für die European Technology Innovation Platform (ETIP-SNET WG4) die Task Force für Cybersecurity. Abgesehen von seiner Management- und Lehrtätigkeit gehört zu seine derzeitigen Aufgaben das Entwickeln neuer Forschungsgebiete in den Bereichen verteilter Kommunikationstechnologien, Internet of Things, Industrie 4.0, autonomes Fahren, Generelle Künstliche Intelligenz und Smarte Energiesysteme.