Veränderung. Gerade in der Mobilität ist sie Pflicht, um wandelnden Ansprüchen Rechnung tragen zu können. Daraus ergeben sich Chancen – neue Geschäftsmodelle, neue Technologien (und Patente) und mit Innovationen wie emissionsfreie Mobilität vielleicht sogar ein positives Ergebnis für die Umwelt. Dr. Max Hoßfeld beleuchtet im Gespräch mit hitech-campus.de, weshalb hierfür zusammen mit dem KIT extra ein InnovationsCampus „Mobilität der Zukunft“ gegründet wurde, dessen Geschäftsführer auf Stuttgarter Seite er ist.
Dr. Hoßfeld, wenn man sich gängige Entwürfe zukünftiger Mobilität betrachtet, scheint es oftmals eher darum zu gehen, ein möglichst stylisches Fortbewegungsmittel zu entwickeln.
Nutzererlebnis und Komfort wie auch Design, Haptik oder Bedienbarkeit sind häufig zentrale Aspekte, wenn es darum geht, Menschen für etwas grundlegend Neues zu begeistern. Das sehr emotionale Thema Automobil und Mobilität ist da natürlich eher Paradebeispiel als Ausnahme. Wir müssen hier etwas Interessanteres und Besseres als das Bekannte anbieten, um den Transformationsprozess der Mobilität zu meistern. Und die Vision der Zukunft sollte dabei natürlich immer schöner und besser sein als die Gegenwart.
Am neuen InnovationsCampus Mobilität der Zukunft der Universität Stuttgart und des KIT wird zu den Themen ‚Advanced Manufacturing‘ sowie ‚Emissionsfreie Mobilität‘ geforscht. Was ist das eigentliche Ziel des Campus?
Der InnovationsCampus adressiert den genannten Transformationsprozess der Mobilität mit dem Ziel, durch interdisziplinäre Grundlagenforschung, wissenschaftliche Exzellenz und neue Innovationsprozesse disruptive Technologien und Sprunginnovationen hervorzubringen. Hieraus sollen neue Ansätze und Impulse für bestehende aber auch gänzlich neue Geschäftsmodelle entstehen. Die beiden Strategiefelder Advanced Manufacturing und Emissionsfreie Mobilität sind für Baden-Württemberg als Wiege des Automobilbaus dabei besonders relevant, sei es im Hinblick auf Wohlstand, Beschäftigung und Struktur aber auch Forschung, Entwicklung und Bildung.
Um was handelt es sich bei der in Pressemeldung genannten „Universalmaschine“?
Die „Universalmaschine“ ist die Vision einer in der digitalen Produktion vollumfänglich flexibel einsetzbaren Fertigungstechnik. Durch diese soll es möglich werden, ortsunabhängige und ab „Losgröße eins“ quasi beliebige Produkte hocheffizient und in Großserienqualität kurzfristig und auf Abruf herzustellen. Ein solches Verfahren und die dazugehörige vielseitig einsetzbare Anlage ermöglichen dabei nicht nur die integrative Fertigung deutlich komplexerer und funktionalisierter Bauteile, sondern auch die Rekonfigurierbarkeit von Produkt und Produktion. Damit werden gleichzeitig die Logistik entlastet, neue Geschäftsmodelle ermöglicht und durch die direkte Fertigung vor Ort Standort- und Wettbewerbsvorteile geschaffen.
Wie passen die in den ersten Projekten adressierten Schlüsseltechnologien „Additive Fertigung“ und „Emissionsfreie Antriebe“ zusammen?
Bei der Entwicklung einer emissionsfreien Mobilität wird durch den Einsatz additiver Verfahren nicht nur das Gewicht zukünftiger Fahrzeuge reduziert und die Funktionsintegration erhöht, sondern es werden auch gänzlich neuartige Freiheitsgrade erschlossen, um effizientere und kompaktere elektrische Antriebe zu realisieren. Somit entsteht ein doppelter Effekt bezüglich Materialeinsparung, Energieeffizienz und Fahrzeugreichweite. Diese Freiheitsgrade sind die Grundlage für neue Bauweisen und Fahrzeuge, die zusammen mit digitalisierte Mobilitätskonzepten hochattraktive Mobilitätslösungen zur effizienten Nutzung des Verkehrsraums speziell in urbanen Gebieten bei gleichzeitiger Steigerung von Nutzererlebnis, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung schaffen.
Können Sie hierzu ein konkretes Beispiel nennen?
Ein ganz zentrales Element im elektrifizierten Antriebsstrang ist natürlich die elektrische Maschine. Diese muss nicht nur den fahrdynamischen Anforderungen genügen, sondern soll u.a. auch möglichst preisgünstig, ressourcenschonend und dabei hocheffizient sein. Drei maßgebliche Stellschrauben können dazu beitragen – Topologie, Regelung und Werkstoffe. Bei der Topologie bzw. dem Maschinentyp bietet die Auswahl zwischen Asynchron- und Synchronmaschinen, Axialfluss- und Transversalflussmaschinen, permanentmagnetisch oder elektrisch erregt die Möglichkeit, verschiedene Anforderungsprofile zu erfüllen. Im Bereich der Regelung können optimierte- und neuartige Regelverfahren zur Effizienzsteigerung beitragen.
Die dritte Stellschraube betrifft dabei die verwendeten Werkstoffe und deren Verarbeitung. Diese Stellschraube hat meiner Ansicht nach ein sehr hohes Potenzial. Gelingt es beispielsweise weichmagnetische Werkstoffe mit höheren Permeabilitätszahlen und Sättigungsgrenzen und niedrigeren spezifischen Verlusten in elektrischen Maschinen einzusetzen, können elektrische Antriebe mit weitaus höheren Wirkungsgraden, Leistungs- und Drehmomentdichten gebaut werden, als dies heute möglich ist. Eines unserer Startprojekte umfasst genau diese Thematik, die Entwicklung und den Einsatz von neuartigen, additiv hergestellten weich- und hartmagnetischen Werkstoffen und von in die Strukturen gedruckten elektronischen Systemen.
Dr. Hoßfeld, eine persönliche Frage zum Schluss: Welches Mobilitätsthema interessiert Sie persönlich am meisten?
Als Pendler aus der nahen Peripherie, der jeden Morgen die Qual der Wahl zwischen dem Berufsverkehr auf der A8 und der Zuverlässigkeit der Stuttgarter S-Bahn hat, habe ich natürlich sehr großes Interesse an zuverlässigen und effizienten Mobilitätslösungen für den Nah- und Pendlerverkehr. Je nervenschonender und komfortabler, desto besser.
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