Wie kann eine neue, interdisziplinäre und kollaborative Lernkultur entstehen, die Technik nicht nur erlebbar macht, sondern auch ganz neue Lernpotenziale schafft? Diese Fragen haben sich die Grundschullehrerin Anna Kirchberg und die Medienpsychologin- sowie Pädagogin Franziska Weser gestellt. Die Antwort basiert auf einer 5G-Anwendung und Augmented Reality. Ihre Idee und Vision setzen sie mit ihrem Projekt „Heartucate“ im Rahmen des Förderprogramm für junge Menschen und Ideen von Samsung „Solve for Tomorrow. 5G for Society“ nun in die Tat um.
Liebes Team von Heartucate, wie seid ihr auf eure Geschäftsidee gekommen?
Ausschlaggebend war hier vor allem unsere berufliche Tätigkeit im Bildungssektor und unsere Arbeit mit jungen Menschen. Kinder haben diese ganz natürliche Faszination für die Welt: Ihr kindlicher Entdeckungsdrang motiviert sie, Zusammenhänge selbst zu erforschen, denn sie möchten wissen, wie etwas funktioniert und lernen so ganz natürlich. Aber in der Schule sitzen sie oft an ihren kleinen Bänken, schauen in Bücher und haben zu selten die Chance, Wissen zu erleben oder auch ihre Erkenntnisse mit anderen zu teilen. Außerdem herrscht bei den Kindern oft ein hoher Konkurrenzkampf, und viele fühlen sich in Bezug auf ihre schulischen Leistungen stark unter Druck gesetzt. Dies führt nicht nur zu Frustrationserlebnissen, sondern viele Schüler:innen wissen auch nicht, wie man in einem Team zusammenarbeiten kann. So hat sich die Idee für Heartucate entwickelt, mit der wir das Lernen in der Schule transformieren und eine Kultur von Kollaboration und spielerischem Lernen mitgestalten möchten. Dafür haben wir ein ganzheitliches Format entworfen, das nicht nur den neuesten wissenschaftlichen und pädagogischen Standards entspricht, sondern auch aktuelle Technologien im Bereich Mixed Reality sinnvoll in den Unterricht einbindet. Deshalb auch der Name – Heart wie Herz steht für erlebendes Lernen und Freude, das AR in heARt für Bildung durch Augmented/Mixed Reality in der Schule.
Habt ihr bereits vor dem Wettbewerb an der Idee gearbeitet?
Die Grundidee für Heartucate existiert bereits seit einer Weile, doch der Wettbewerb gab die Initialzündung. Plötzlich gab es die Möglichkeit, bei der Samsung-Challenge mitzumachen und wir dachten uns: Hey, wir haben da all‘ diese Ideen in der Schublade, probieren wir es einfach. So haben wir unsere Idee dann konkretisiert, ganz einfach weil wir auch wussten, dass wir durch die Teilnahme an „Solve for Tomorrow“ wichtige Hilfestellungen, Learnings und Insights bekommen, die uns bei unserer Weiterentwicklung weiter voranbringen können. Das hat uns sehr dabei geholfen, den nächsten Schritt zu gehen.
Mit ihrer erfolgreichen Teilnahme am Pitch-Wettbewerb für „Solve for Tomorrow“ haben sich Anna und Franziska für ein intensives Coaching- und Mentoring-Programm von Samsung in Zusammenarbeit mit den beiden Projektpartnern ekipa und 5G Lab Germany, mit Unterstützung durch die TU Dresden, qualifiziert und stehen nun vor der Gründung ihres ersten Unternehmens.
Worin genau besteht eure Gründungsidee für eure 5G-Bildungswendung?
Mit „Heartucate“ möchten wir Augmented Reality und 5G-Technologie nutzen, um interaktive virtuelle Lernumgebungen zu schaffen. Mit Hilfe von Mixed-Reality-Headsets kreieren wir interdisziplinäre Lernszenarien und zeitgemäße Bildungsangebote, erzählen spannende Geschichten und vermitteln Kindern zudem spielerisch soziale und emotionale Kompetenzen. Unsere Lösung funktioniert auch mit einem stabilen W-Lan, doch für aufwendigere Szenarien und Aufgaben könnte 5G perspektivisch eine wichtige Rolle spielen, da die Geschwindigkeit in der Datenübertragung ermöglicht, komplexe Abläufe und Bewegungen mit dem ganzen System zu synchronisieren.
Wie geht ihr bei der Entwicklung aktuell vor? Bindet ihr Expert:innen ein oder stellt ihr zunächst allein die Technologie/ App auf die Beine?
Wir haben beide einen pädagogischen Schwerpunkt und sind keine Software-Entwickler. Deshalb kooperieren wir im Rahmen von „Solve for Tomorrow“ mit der Fakultät für Technisches Design der TU Dresden, dem 5G Lab Germany und ekipa, die uns coachen. Gemeinsam mit der Leipziger Firma blendFX entsteht mit den Technologien Unity und Blender bereits ein funktioneller Prototyp, der die ersten Basisfunktionen enthält. Und wir sind aktuell auf der Suche nach einer Co-Gründerin oder einem Co-Gründer mit Programmiererfahrung und Blender-Skills, die uns bei der technischen Entwicklung voranbringen. Perspektivisch sind wir auch auf der Suche nach einem Experten für interaktives Storytelling im dreidimensionalen Raum.
Was hat sich für euch geändert, nachdem ihr Solve for Tomorrow gewonnen habt?
Durch unsere erfolgreiche Teilnahme konnten wir so richtig loslegen. Wir hatten viele offene Fragen, insbesondere im Bereich der technischen Umsetzung und der Entwicklung eines Prototyps. Durch das Coaching können wir viel mitnehmen, auch was die Themen Finanzierung, Marketing und Strategie betrifft, und wir haben immer einen Ansprechpartner. Außerdem konnten wir die Konzeption unseres Geschäftsmodells mit der Expertise unserer Coaches weiter konkretisieren. Zusätzlich zur App, die diverse Szenarien abdeckt und Wissen aus dem Lehrplan bündelt, möchten wir auch spezielle Workshops für Lehrer anbieten. So wollen wir Lehrer zu Heartucate Guides ausbilden, damit sie unsere Szenarien in die Klassenzimmer bringen. Es soll wie eine neue Generation Lehrer werden, die diese interaktive Komponente auf dynamische Art und Weise in den Unterricht einbaut. Alle diese Schritte zu planen, zu spiegeln und auch Unterstützung zu bekommen, wäre ohne das Programm so nicht möglich gewesen.
Wo seht ihr euch in 5 Jahren?
Mit unserem Projekt wollen wir nicht nur das Lernen in der Schule transformieren, wir möchten auch einen Beitrag zur Förderung wichtiger Sozialkompetenzen leisten und Kindern vermitteln, dass Lernen und Entdecken Spaß macht. Deshalb wünschen wir uns, dass in fünf Jahren die Anwendungen von Heartucate ein fester Bestandteil des Unterrichtsgeschehens in Deutschland sind und wir vielleicht auch schon international expandieren können. Außerdem wäre es toll, wenn wir noch viele weitere Pädagog:innen und Menschen, die in der Bildungsarbeit aktiv sind, inspirieren können, ihre eigenen Ideen einzubringen und ihre Expertise für eine neue, zukunftsweisende Lern- und Bildungskultur einzubringen.
Am Digitaltag 2020 habt ihr live Einblicke in euren Gründungsprozess gegeben?
Ganz genau. Aktuell arbeiten wir intensiv an unserem Geschäftsmodell und befinden uns mitten in der Vorbereitung der Gründung unseres ersten Unternehmens. An diesem Prozess konnte das Publikum am Digitaltag live und aktiv teilhaben. Im Rahmen eines Online-Workshops haben wir nicht nur von unseren spezifischen Herausforderungen und Learnings berichtet, das Publikum war auch aufgerufen, Input zu unserer Idee zu geben. Dabei haben wir jede Menge Anregungen mitgenommen und hilfreiche Tipps von den beteiligten Coaches Katrin Elsemann von SEND, Jenny Boldt vom Bitkom, Verena Knoblauch als Lehrerin und medienpädagogische Beraterin und Steffen Ganders von Samsung.
Das positive Feedback zu unserer Idee motiviert uns jetzt natürlich, die nächsten Schritte anzugehen – insbesondere bei der weiteren Entwicklung unseres Prototyps – und wir freuen uns schon sehr darauf, unsere Fortschritte beim 5G Summit im Oktober zu präsentieren. Wir hoffen, dass wir mit dem Format viele junge Gründer:innen inspirieren und realistische Einblicke in die Anfangsphase eines Start-ups geben konnten. Immerhin antwortete das Publikum auf die Abschlussumfrage, ob sie sich eine Gründung vorstellen können, zu 100 Prozent mit „Ja“ – das werten wir als gutes Zeichen.
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