Die Digitalisierung ist eines der großen Themen unserer Zeit. Sowohl im Werkzeugmaschinenbau im Speziellen als auch im Maschinenbau generell ist sie Innovationstreiber Nummer eins. Sie sollte nicht dazu führen, dass Werkzeugmaschinenhersteller die Innovationskraft in klassischen technologischen Feldern vernachlässigen, denn nur eine Verbindung von alten Stärken und neuen Möglichkeiten kann zu optimalen Resultaten führen.
Das Ziel der Maschinenhersteller sollte sein, den Anwendern Lösungen zur durchgängigen Vernetzung der eigenen Prozesse anzubieten. Wegen dieser Vernetzung erhalten die Kunden einen Wettbewerbsvorteil, da neue Potenziale erschlossen werden. Dies kann zum Beispiel über geringere Losgrößen, komplexere Teile, eine größere Teilvielfalt und die Kombination verschiedener Verfahren realisiert werden. Die zunehmende Integration von Robotern in Fertigungssysteme ist hierfür eine gute Möglichkeit, was bedeutet, dass Roboter mehr und mehr mit Werkzeugmaschinen interagieren können und nicht mehr nur gesonderte Arbeitsschritte erledigen. Ein wichtiger Schritt zu einer vollständigen Einbindung von Robotern in die Produktionsabläufe ist die Standardisierung der Schnittstellen in automatisierten Fertigungssystemen durch eine internationale Norm aus dem Jahr 2016, die der VDW auf den Weg brachte. Diese vereinfacht die Kommunikation zwischen verschiedenen Maschinen in einer Produktionskette.[1]
Ebenfalls in aller Munde sind die Begriffe Big-Data und Machine-Learning. Mit ersterem ist gemeint, dass große Mengen an Produktionsdaten in einer Cloud gespeichert werden und mithilfe einer Auswertung zur vorausschauenden Instandhaltung, Anlagenmanagement und anderen Optimierungen genutzt werden. Zweiteres bezieht sich auf lernfähige, autonome Systeme, die sich selbstständig optimieren können. Diese Technologie bringt das Risiko mit sich, dass „Big-Player“ wie Google oder Apple etablierte Maschinenhersteller einen gewissen Marktanteil ablaufen, da sie sich zunehmend zwischen den Maschinenbauer und seinen Kunden schieben. Diese Entwicklung lässt sich mit Smart-Data oder „Relevant-Data“ eindämmen. Unternehmen mit langjähriger Erfahrung in einer bestimmten Branche, in diesem Fall die Werkzeugmaschinenhersteller, verfügen über umfassendes Domänen-Know-how und können Daten deutlich effizienter auswerten und interpretieren – aus Big-Data wird damit Smart-Data. Um im Wettbewerb die Nase vorn zu halten, werden Werkzeugmaschinenbauer also zukünftig noch stärker in schlagkräftige IT-Abteilungen investieren müssen.[2]
Industrie 4.0-Readiness ist gefordert
Maschinenhersteller dürfen sich also nicht den digitalen Technologien verschließen. Digitale Geschäftsmodelle und neue Serviceangebote zu entwickeln und ins Portfolio aufzunehmen ist für die Zukunft unverzichtbar. Ein positives Beispiel hierfür ist Axoom, ein Tochterunternehmen der Trumpf-Gruppe. Axoom erlaubt es Anbietern, sich weltweit mit ihren Maschinen, Komponenten und Sensoren zu vernetzen und auf diesem Weg schnell auf Probleme zu reagieren und Produktionsprozesse zu optimieren.
Die Bereitschaft und Fähigkeit solche Konzepte zu entwickeln und zu implementieren, die sogenannte „Industrie 4.0-Readiness“, ist bei deutschen Maschinenbauern noch stark auf große Hersteller beschränkt. Immerhin neun von zehn Unternehmen erkennen in der Industrie 4.0 eine Möglichkeit, sich am Markt zu differenzieren und über 75 Prozent geben an, dass es zum Selbstverständnis von Technologieführern gehört, sich mit diesem Thema zu befassen.[3] Ein Gelingen dieser Umstellung hängt unter anderem zusammen mit der Finanzierung derartiger Projekte und der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal zusammen.
Zwei andere technologische Trends, die mit der Industrie 4.0 zusammenhängen, sind das Additive Manufacturing und Hybridmaschinen. Beim Additive Manufacturing handelt es sich um Produktionsprozesse, bei denen sehr flexibel Teile in verschiedensten Formen produziert werden können, ohne die Maschinen verändern zu müssen. Ein Beispiel hierfür ist der „Lasertec 65 3D“ von DMG Mori, ein 5-Achs-Bearbeitungszentrum mit integriertem Laserauftragschweißen. Hybridmaschinen wiederum sind so konzipiert, dass sie mehrere Arbeitsschritte in einer Aufspannung erledigen können, etwa das Auftragen von Material und die zerspanende Bearbeitung. Gleichzeitig muss der Begriff „Komplettbearbeitung“ erwähnt werden. Damit ist gemeint, dass eine einzelne Maschine ein Teil komplett bearbeiten kann und in der Lage ist, alle dafür erforderlichen Arbeitsschritte durchzuführen. Besonders Laseranlagen werden dabei zu einem zentralen Element. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Maschinen in naher Zukunft klassische Produktionsweisen verdrängen werden: Denn sinkende Preise für derartige Maschinen und neue technische Entwicklungen werden zu einer größeren Verbreitung führen.
Das Potenzial der IT-Abteilung
Abschließend muss auch noch die Energieeffizienz als Trend erwähnt werden. Steigende Energiekosten und eine ausgeglichene CO²-Bilanz werden immer bedeutender für Werkzeugmaschinenhersteller und ihre Abnehmer. Das Thermomanagement beschäftigt sich etwa mit der Vermeidung von unproduktiven Warmlaufzeiten und im Leichtbau liegt sowohl großes Potenzial für Energieeffizienz als auch für höhere Bearbeitungsgenauigkeit und Bearbeitungsgeschwindigkeit. Diese und andere Greentech-Zukunftsfelder sind im Werkzeugmaschinenbau angekommen, jedoch gibt es nach wie vor erhebliche Potenziale in diesem Bereich.
Für Studierende bedeutet das, dass zunehmend interdisziplinäre und interkulturelle Fähigkeiten gefordert werden. Der Ingenieur der Zukunft muss sich zumindest grundlegend mit Informatikern und Betriebswirten verständigen können, sollte gutes Englisch sprechen und allgemein flexibel sein. Denn sowohl die Aufgaben als auch die Einsatzorte werden sich in den kommenden Jahren regelmäßig verändern.
Weitere spannende Arbeitgeber findest du hier!
[1] „Wenn der Roboter mit der Maschine besser sprechen kann“, VDW-Pressemitteilung vom 02.08.2016
[2] „Digitalisierung der Produktion – Innovationspush für Fertigungstechnologien der Zukunft. Rede zum Festakt 125 Jahre VDW“, Reimund Neugebauer, Frankfurt a.M. 16.06.2016
[3] „Industrie 4.0-Readiness“, Dr. Karl Lichtblau, Prof. Dr.-Ing. Volker Stich, Aachen u. Köln Oktober 2015