Die Möglichkeiten für Informatik-Absolventen sind grenzenlos; zumindest, wenn man sich die unzähligen Jobangebote anschaut. Wie soll man also vorgehen, wenn man wie der Ochs vorm Berg steht? Eine Möglichkeit ist, sich vor der Wahl des Arbeitgebers erst einmal mit der interessantesten Branche zu beschäftigen. Redakteur Martin Schneider hält ein Plädoyer für die Beratung.
Beratungen gehören für Informatiker oft nicht zu den Arbeitgebern, an die sie als erstes denken, wenn sie nach ihrem Traumarbeitgeber nach dem Studienabschluss gefragt werden. Die Aura der Betriebswirte im Anzug stand der Attraktivität der Consultants generell im gesamten Tech-Bereich im Wege. „Statt zu rationalisieren und Menschen überflüssig zu machen, wollen wir lieber etwas erschaffen”, erklärt uns Florian bei unserer Recherche an der TU München. Er studiert Informatik im dritten Semester und hat noch etwas Zeit, bis sich die Frage nach dem richtigen Arbeitgeber zum Berufseinstieg stellt. Er ist bei unserer Recherche aber so etwas wie ein Prototyp für die Aussagen, die auch andere befragte Kommilitonen über Beratungen machen: „Eigentlich weiß ich sehr wenig von dem, was Beratungen machen. Ehrlich gesagt frage ich mich, warum es überhaupt Consultants braucht, denn eigentlich sollten sowohl Unternehmen als auch der Staat immer selbst am besten wissen, was zu tun ist. Denn niemand ist näher an den eigenen Aufgaben dran.” Nach den Gesprächen ist uns klar, dass es Zeit ist, mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen.
Beratungen werden heute in erster Linie als Impulsgeber der digitalen Transformation benötigt – zumindest die Beratungen, die für Informatiker die interessantesten sind. Das Thema Sanierung und Restrukturierung spielt in der Branche aktuell eine untergeordnete Rolle, auch, weil wir uns in einer langen Phase wirtschaftlichen Wachstums befinden.
Warum brauchen Unternehmen und auch der Staat Unternehmensberatungen, um die die digitale Transformation zu bewältigen? Weil sie weit mehr bedeutet als Digitalisierung. Digitalisierung ist die digitale Abbildung bestehender Prozesse, durch deren Automatisierung sich viele Arbeitsschritte drastisch reduzieren lassen. Die digitale Transformation dagegen ist viel mehr, weil sie die Frage stellt, ob die bestehenden Prozesse überhaupt noch benötigt werden. Es geht im Kern um die Hinterfragung des eigenen Geschäftsmodells: „Ist unser Angebot im Kontext von Kundenerwartungen oder gesellschaftlichen Veränderungen noch das Richtige?”
Ein starker Fokus auf hochwertige Weiterbildung gehört zur DNA der Branche
Was sich wie eine pedantische Definitionsunterscheidung anhört, ist Grundlage vieler Beratungen und markiert, warum Unternehmen und Staat heute und in Zukunft die Unterstützung von Consultants benötigen. Sowohl Firmen als auch öffentliche Organisationen sind im besten Fall perfekt in dem, was sie heute tun. Sie sind aber nie darauf vorbereitet worden, dass disruptive Veränderungen ganze Industrien umkrempeln. Dafür braucht man Spezialisten aus vielen verschiedenen Bereichen.
In der Vergangenheit mögen Coder und Developer bei Beratungen manchmal wie Kellerkinder behandelt worden sein. Man sah und hörte sie nicht und sie waren so etwas wie die internen Dienstleister, die als Nerds auf Abruf von den Beratern je nach Kundenbedarf angefordert worden sind. Heute sind sie die mindestens heimlichen Stars in den Beratungen, wenn sie Tech-Know-how mit einem Gespür verbinden, wie man Kunden abholt und bedient.
Natürlich schreibt sich annähernd jedes Unternehmen heute die „Customer Centricity” zu. Aus meiner Sicht stehen dahinter aber oft mehr Marketing-Sprechblasen, die nicht selten in einem heuchlerischen „Wir lieben unsere Kunden!” gipfeln.
Dadurch, dass Informatiker weniger als beispielsweise BWLer in ihrer Ausbildung den Fokus auf die Außenwirkung von Produkten oder Unternehmen legen, sondern technologischer an Fragen herangehen, sind sie heute so wichtig für Beratungen, die ja immer wieder mit unterschiedlichen Fragestellungen konfrontiert sind. Bei der Kundenorientierung ist es am wichtigsten, Technologien zu bauen, die Kunden begeistern und diesen Nutzen stiften und nicht darum, geschmeidige Slogans zu finden, die dem Anschein nach Kundenfokussierung erwecken.
Interessant dabei ist, dass sich die Disruption selten aus neuen Technologien heraus, sondern aus den sich wandelnden Kundenbedürfnissen entwickelt. Dafür braucht es technisches Gespür. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit vor dem iPhone, dem Urknall des Smartphones. Es waren die zwei IT-Nerds im Verlag, die damals mit einem Nokia Communicator rumhantierten und weit früher als ich eine Ahnung davon hatten, wie viel mehr als Telefonieren ein Handy bieten könnte.
Es gibt viele Gründe für den Berufseinstieg 2020 in die Beratung
IT-Absolventen, die sich mit dem Einstieg in die Beratung beschäftigen, werden feststellen, dass ihnen in der Regel zwei Wege offen stehen: Einerseits die des eher operativen Entwicklers und andererseits die des Beraters mit Tech-Background. Egal, ob man im Digital Lab, bei der Cybersecurity-Truppe einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder bei einer reinen IT-Beratung einsteigt, lassen sich einige Punkte verallgemeinern, die Informatiker kennen sollten, wenn sie eine Karriere in einem Consultingunternehmen in Erwägung ziehen:
- Der Job ist sehr abwechslungsreich! Nicht nur die Kundenthemen unterscheiden sich, auch die Möglichkeiten, sich innerhalb der Beratungen neu zu orientieren, sind vielfältig. Matthias Böhmer von Atos, Head of Consulting Germany, betont besonders die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bereichen: „Vor allem im Bereich Consulting legen wir Wert auf flexible Mitarbeiter, die bereit sind, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen. Teams bilden sich entlang von Projekten und Aufgaben unabhängig von Unitzugehörigkeiten. Agile Herangehensweisen befeuern das flexible und abwechslungsreiche Arbeiten. Insofern bieten wir nicht nur die Möglichkeit in verschiedenen Bereichen zu arbeiten, sondern es ist absolut erwünscht.”
- Der Kunde zählt! Dies bedeutet, dass man Bereitschaft und Zugänglichkeit mitbringen muss, um mit den Kunden in einem oftmals intensiven Austausch zu sein. Das liegt nicht jedem, man kann das aber trainieren.
- Der Verdienst ist gut! Dadurch, dass Digital Talents sehr wichtig für Beratungen und gleichzeitig rar sind, werden sie gut bezahlt. „Up or out” betrifft sie meist nicht und die Aufstiegsmöglichkeiten in der Branche sind sehr vielfältig und lukrativ.
- Reisetätigkeit gehört dazu! Der passionierte Heimschläfer wird bei den meisten Beratungen nicht glücklich werden. Trotzdem hilft die Technologie, nicht andauernd bei den Kunden vor Ort sein zu müssen. Generell wird auf Work-Life-Balance bei Beratungen deutlich stärker geachtet als noch vor einigen Jahren.
- Die Weiterbildung ist oft top! Wer will sich als Kunde von einer Beratung helfen lassen, die nicht die neuesten Technologien drauf hat? Ariane Assmann, Head of HR vom Camelot ITLab gibt einen Einblick: „Wir stimmen die Weiterbildungsmöglichkeiten auf jeden Mitarbeiter individuell ab – in Form einer persönlichen und fachlichen Learning Journey. Zu unserem umfassenden Weiterbildungsangebot gehören zum Beispiel agile Projektmethoden wie SCRUM und Design Thinking, Soft-Skills-Trainings und Kommunikationsworkshops sowie SAP- Software-Trainings.”
Fazit: Wer als Informatiker die Beratungen als „erstmal unkreative BWLer-Bude” einschätzt wie unser Gesprächspartner Florian an der TU München, verbaut sich selbst Möglichkeiten, die bei näherer Betrachtung viel reizvoller sind, als von dem einen oder anderen Techie vermutet.
Mehr zu deinen Zukunftschancen in Beratungen findest du hier bei uns.