
„Im KI-Zeitalter kommt Generalisten eine große Rolle zu“
Wenn Agnes Heftberger über Künstliche Intelligenz spricht, merkt man sofort: Hier sitzt nicht nur eine Top-Managerin, sondern eine Gestalterin der digitalen Zukunft. Seit April 2024 ist sie Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland – und bringt über zwei Jahrzehnte Tech-Erfahrung mit. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt sie, warum KI für Deutschland eine echte Jahrhundertchance ist, welche Skills in der Arbeitswelt von morgen zählen und warum es gerade jetzt mehr mutige Frauen in der Tech-Branche braucht.
Frau Heftberger, Sie haben über 20 Jahre Erfahrung in der Technologiebranche und leiten nun Microsoft Deutschland. Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie in der digitalen Transformation, insbesondere im Bereich Künstliche Intelligenz?
KI ist eine Jahrhundertchance für Deutschland, denn mit KI werden die Karten neu gemischt. Wir können aufholen, was in den vergangenen zehn Jahren in der Digitalisierung versäumt wurde. Das Zauberwort dafür lautet „Leapfrogging“: KI macht es möglich, mehrere Entwicklungsstufen auf einmal zu überspringen. Dafür müssen wir aber nicht nur in der KI-Forschung weltweit spitze sein, sondern KI mit der traditionellen industriellen Stärke, den Datenschätzen und dem tiefen Domänenwissen im Mittelstand verbinden. Dazu gehört auch die Menschen fit für den Umgang mit KI zu machen. Das machen wir in zahlreichen Qualifizierungsinitiativen und Partnerschaften. Gleichzeitig müssen sich Unternehmenskulturen weiterentwickeln und sich vorbereiten auf eine Welt in der bald Mitarbeitende und KI-Agenten Hand in Hand arbeiten.

Die rasante Entwicklung von Technologien wie KI und Cloud-Computing verändert die Arbeitswelt grundlegend. Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sollten Berufseinsteiger:innen mitbringen, um in der Tech-Branche erfolgreich zu sein?
Unsere Branche ist geprägt von sehr schnellen technischen Fortschritten. Deshalb sind Flexibilität und Lernbereitschaft entscheidend. Wir nennen das auch Growth Mind Set, also die Neugier und den Willen sich ständig weiterzubilden. Technisches Verständnis ist wichtig, aber genauso bedeutend sind Soft Skills wie Teamarbeit und Kommunikationsfähigkeit. Da künstliche Intelligenz zunehmend spezialisierte Aufgaben mit beeindruckender Genauigkeit ausführt, wird die Fähigkeit, interdisziplinäre Verbindungen zu schaffen und zu bewerten, immer wichtiger. Kurz: Im KI-Zeitalter kommt Generalisten eine große Rolle zu. Und dafür benötigen wir auch viele junge Talente!
Als erfahrene Führungskraft mit globaler Perspektive: Welche Hürden haben Sie auf Ihrem Karriereweg überwunden, und welche Ratschläge würden Sie jungen Frauen geben, die in der Technologiebranche durchstarten möchten?
Als Tochter zweier Lehrer war ich eine „Raupe Nimmersatt“ und wollte alles wissen, was für meine Eltern manchmal etwas anstrengend war. Ich habe zwei Brüder, wir wurden alle gleich behandelt – daher hatte ich das Thema, dass Frauen irgendwo weniger vertreten sein könnten, erst mal kaum auf dem Radar. Heute ist mir ein Herzensthema, Berührungsängste mit Tech-Themen abzubauen und mehr Frauen dafür zu begeistern, denn Technologie hat die Kraft, die Welt und das Leben zum Besseren zu verändern. Und gerade deshalb ist es wichtig, dass alle, eben auch Frauen, gestalterisch mitwirken – auch wenn das leider nicht überall selbstverständlich ist. Mein Rat an junge Frauen ist, ein starkes Netzwerk aufzubauen und Mentoren zu suchen, die euch unterstützen und inspirieren. Seid mutig, stellt Fragen und scheut euch nicht, eure Meinung zu äußern. Die Technologiebranche braucht eure Perspektiven und Ideen.
„Auch mir helfen flexible, familienfreundliche Arbeitszeiten und eine Unternehmenskultur, in der niemand komisch guckt, wenn ich mal früher gehe, um die Kinder von der Schule abzuholen“
Sie setzen sich für nachhaltiges und inklusives Wachstum ein. Welche Initiativen und Programme fördert Microsoft, um Frauen und diverse Talente gezielt zu unterstützen?
Für uns ist die Vielfalt von Menschen und Perspektiven erfolgskritisch. Wenn man bei Innovation ganz vorne mitspielen will, dann braucht man das beste Team und die besten Talente gibt es eben in unterschiedlichsten Teilen unserer Gesellschaft. Das fördern wir durch zahlreiche Initiativen und Programme. Ein Beispiel ist unser „Women at Microsoft“-Netzwerk, das Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt, auch um sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Mit der Initiative „SkillHer“, statten wir Frauen mit den notwendigen Fähigkeiten aus, um erfolgreich in der Technologiebranche zu sein. Und grundsätzlich setzen wir uns für Diversität und Inklusion ein und fördern eine Unternehmenskultur, in der sich jeder willkommen und wertgeschätzt fühlt. Ganz persönlich freut es mich, in diesem Jahr als Patronin gleich zweimal unterstützen zu dürfen: BayFiD – das Talentprogramm für Bayerns Frauen in Digitalberufen und den „Female Founders Award“ der AmCham Germany. Damit zeichnen wir erfolgreiche Gründerinnen aus, um ihre Sichtbarkeit und Vernetzung zu stärken und andere Frauen zu inspirieren und zu motivieren, Unternehmerinnen zu werden.
Microsoft ist eines der führenden Technologieunternehmen weltweit. Was macht das Unternehmen als Arbeitgeber besonders attraktiv für Studierende und Berufseinsteiger:innen?
Auch wenn ich offensichtlich keine Berufseinsteigerin mehr bin: Als ich vor rund 15 Monaten nach 20 Jahren in der Branche die Entscheidung getroffen habe zu Microsoft zu wechseln, gab es da vor allem einen Grund: Ich will bei einem Top-Thema unserer Zeit etwas bewegen. Es ist aufregend, das KI-Zeitalter mitzugestalten und dabei die Wirtschaft, die Gesellschaft und jeden einzelnen Menschen zu unterstützen, mehr zu erreichen und innovativer zu sein. Außerdem: Die Microsoft-Unternehmenskultur ist nicht bloß ein Aushängeschild, sondern wird täglich gelebt. Dafür sorgen auch unserer Employee Ressource Groups, wo Mitarbeitende sich freiwillig für Themen wie Familie, Diversität, Inklusion oder unterschiedliche Kulturen und vieles mehr engagieren. Auch mir helfen flexible, familienfreundliche Arbeitszeiten und eine Unternehmenskultur, in der niemand komisch guckt, wenn ich mal früher gehe, um die Kinder von der Schule abzuholen.
VITA: Agnes Heftberger steht seit April 2024 an der Spitze von Microsoft Deutschland – als Corporate Vice President und Vorsitzende der Geschäftsführung. Zuvor war sie mehr als 20 Jahre bei IBM tätig, wo sie unter anderem das Geschäft in Australien, Südostasien, Korea und Neuseeland verantwortete.
Mit ihrem internationalen Erfahrungsschatz und ihrem Fokus auf Innovation und Kundennähe prägt sie heute die digitale Transformation in Deutschland. Besonders wichtig ist ihr dabei ein nachhaltiger und inklusiver Ansatz – gerade in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz den wirtschaftlichen Wandel in nahezu allen Branchen beschleunigt.
Agnes Heftberger stammt aus Österreich und hat ihr Studium der Internationalen Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien mit einem Master abgeschlossen.