Mit einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe im Gepäck ist die Bundeswehr einer von Deutschlands größten Arbeitgebern – auch für Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen mit zivilem Abschluss. Dabei muss es auch keine militärische Laufbahn werden, denn Einsatzmöglichkeiten finden MINTler hier viele. Oberstarzt Dr. Lale Bartoschek berichtet.
Dr. Bartoschek, Ihr eigener Weg besteht schon seit vielen Jahren darin, für Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion einzustehen.
Richtig, unter anderem war ich in den Jahren 2016 und 2017 im Stabselement Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion im Verteidigungsministerium (BMVg) eingesetzt und habe dort das Diversity Management in der Bundeswehr systematisiert implementieren dürfen, was natürlich eine sehr spannende Aufgabe war und sehr zukunftsweisend. Schon 2012 hat der damalige Stabssekretär Kossendey die Charta der Vielfalt für die Bundeswehr unterzeichnet – wir haben uns damit verpflichtet, eine Organisationskultur zu pflegen, die geprägt ist von gegenseitigem Respekt, Wertschätzung jeder und jedes Einzelnen. Zudem legen wir großen Wert darauf, dass gleiche Realisierungschancen in Bezug auf beruflichen Laufbahnen und Karrieren die Regel sind. Mir ist wichtig, dass niemand Nachteile erleidet, weil diese Person – vielleicht durch Lebensphasen bedingt – besondere Arbeitsmodelle braucht. Das bedeutet nicht nur, Home Office anzubieten, wo es möglich ist, sondern konkretes Diversity Management zu betreiben: Wir achten sehr darauf, dass unsere Führungskräfte Kompetenzen entwickeln, um insbesondere diverse Teams gut und erfolgreich zu führen. Vielfältige Teams sind kreativ und effektiv, sie sollten aber auch richtig geführt und für den Erfolg der Organisation gewinnbringend eingesetzt werden. Natürlich war die Bundeswehr schon vor der Unterzeichnung der Charta sehr divers – was bei rund 260.000 Beschäftigten nicht ganz überraschend ist.
Kontakt für Interessenten:
Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr
Bewerbungsmanagement zivil
Kölner Straße 262
51149 Köln
Ansprechpartner: Kapitänleutnant Dicks
Telefon: 02203 – 105 – 2418
Offene Stellen des Bundeswehr findest du hier.
Wodurch zeichnet sich Ihre eigene Arbeitsweise denn nun aus?
Stillstand ist keine Option – und damit es klappt, muss man offen sein für Neues und vor allem Zuhören können. Wir müssen uns als lernende Organisation verstehen und weiterentwickeln, alles andere ist keine echte Option. Der Blick von außen ist oft hilfreich. Wo möglich vergleichen wir uns auch mit zivilen Unternehmen und tauschen uns mit ihnen aus, zum Beispiel über die Initiative „Chefsache“. Hier war das BMVg seinerzeit übrigens Gründungsmitglied, um die Frauenförderung in Führungspositionen auch vor dem Hintergrund individueller und lebensphasenorientierter Bedarfe auszubauen. Ich denke nicht, dass Teilzeit oder Elternzeit ausschließlich Frauenthemen sind. Von vielen Dingen, die wir im Rahmen der Chancengerechtigkeit umgesetzt haben, profitieren alle Beschäftigten gleichermaßen. Von daher ist das Thema auch von umfassender Bedeutung für unsere Organisation.
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So wie auch die Aufgabe der Bundeswehr eine gesamtgesellschaftliche ist.
Ganz klar, wir sind eine Parlamentsarmee und stehen damit auf Grundlage unseres gemeinsamen demokratischen Wertegerüsts für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das ist auch immer Kern unserer Arbeit, sei es bei der Evakuierungsoperation in Afghanistan oder unter anderem auch in Amtshilfe bei der Fluthilfe im Ahrtal oder der Unterstützung ziviler Strukturen bei der Pandemiebekämpfung. Wir erfüllen unseren Auftrag zuverlässig und haben eine sinnstiftende Aufgabe. Das motiviert die Beschäftigten, die jeweiligen Aufgaben wirklich mit Elan und Motivation zu machen. Arbeitsplatzsicherheit ist sicherlich ein Punkt, der die Bundeswehr als Arbeitgeber ebenfalls auszeichnet. Wir bieten attraktive Beschäftigungsverhältnisse, vielfältige Tätigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten im Angestelltenverhältnis, als Beamter oder Beamtin oder als Soldat:in. Für Letztere kümmern wir uns nach der Verpflichtungszeit auch um die zivilberufliche Wiedereingliederung und die Weiterqualifikation mit dem Berufsförderungsdienst. Natürlich steht auch die Option im Raum, Berufssoldat:in zu werden oder im zivilen Bereich die Verbeamtung anzustreben.
Ganz grundsätzlich sind Studierende ja Zivilisten. Wie steigen sie denn bei der Bundeswehr nach ihrem Abschluss ein?
Für Hochschulabsolvent:innen gibt es sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich Möglichkeiten, die auch 2021 weiter ausgebaut wurden. Wer – mindestens – als Bachelor im militärischen Bereich eine Truppenoffizierslaufbahn anstrebt, kann in der Regel den höchsten Anwärterdienstgrad bekommen – in diesem Fall also einen Einstieg als Oberfähnrich. Der mitgebrachte Abschluss wird also direkt gewürdigt. Mit Berufserfahrung ist auch ein Seiteneinstieg möglich.
Auf ziviler Ebene gibt es zwei Möglichkeiten. Einmal die Beamtenlaufbahn im Vorbereitungsdienst für Verwaltungstätigkeiten und den Direkteinstieg mit Bachelorabschluss im gehobenen Dienst und mit Masterabschluss grundsätzlich dann im höheren Dienst in den technischen oder nichttechnischen Verwaltungslaufbahnen. Was davon passt, hängt von den Studienfächern ab – bei der Bundeswehr gibt es Ingenieure und Ingenieurinnen, Ärzte und Ärztinnen, Juristen und Juristinnen, Psychologen und Psychologinnen und noch einiges mehr an Fachrichtungen. Deswegen bieten wir auch Beratungen an für alle, die sich an dieser Stelle noch unsicher sind, wohin sie in unserer Organisation gut passen.
Welche Vorurteile gegenüber der Bundeswehr begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit am häufigsten?
Es ist ein bisschen schade, dass die Bundeswehr immer nur mit den Streitkräften gleichgesetzt und als eher männlich dominierte Organisation wahrgenommen wird, denn wir haben einen sehr großen zivilen Bereich. Bei den Beamten und Beamtinnen gibt es einen Frauenanteil von 33 Prozent, bei den Tarifbeschäftigen sind es 41 Prozent – Frauen sind also ein wichtiger und vor allem sichtbarer Faktor in der Bundeswehr. Wir stellen pro Jahr rund 25 Prozent Frauen als zukünftige militärische Führungskräfte für die Offizierslaufbahn ein und entsprechend natürlich im zivilen Bereich. Das heißt, Role Models gibt es bei der Bundeswehr schon einige. Ich glaube, hier sind wir echt auf einem guten Weg.
Ist man nach der Vertragsunterschrift bei der Bundeswehr fest auf Lebenszeit gebunden?
Nur insofern, als dass die Bundeswehr der langfristige Arbeitgeber ist. Innerhalb der Organisation kann man immer wieder auch Tätigkeitsbereiche wechseln. Meine Vita reicht auch von medizinischer Tätigkeit über Zukunftsentwicklung und Personalmanagement, bis hin zu Diversity Management. Man kann sich neuen und spannenden Aufgaben widmen und sich selbst herausfordern. Zusätzlich zu der Vergütung, die entweder tarifgebunden ist oder an der Beamtenbesoldung hängt, bieten wir beispielsweise die gesundheitliche Absicherung, Beihilfeansprüche, Pensionswirksamkeit der Besoldung oder bei den Arbeitnehmer:innen eine Betriebsrente. Natürlich gelten auch bei uns die gesetzlichen Kündigungsfristen.
Wie sieht es denn bei Studienabbrecher:innen bei der Bundeswehr aus?
Auch hier gibt es Möglichkeiten, wobei jeder Fall sehr individuell ist. Einerseits hängt es davon ab, ob wir bisherige Studienzeiten anerkennen können oder ob vielleicht ein neues Studium bei uns begonnen werden soll. Das ginge im Übrigen an den Bundeswehruniversitäten in München und Hamburg, aber auch an Partnerhochschulen in ganz Deutschland. Wer aus dem IT-Bereich kommt, ist rein fachlich aktuell besonders gefragt. Non-formale Qualifikationen können wir zur Zeit noch relativ schwer anerkennen, aber auch bei Studienabbrecher:innen und Initiativbewerbungen prüfen wir immer, ob der Bedarf gegeben ist und wir ein passendes Angebot unterbreiten können. Wenn wir für eine Initiativbewerbung nicht direkt das passende Angebot haben, besprechen wir das mit den Bewerbenden – für solche Gelegenheiten haben wir einen Talentpool.
Bietet die Bundeswehr als vergleichsweise nationaler Arbeitgeber die Möglichkeit der Auslandserfahrung?
Tatsächlich hat die Bundeswehr sogenannte Auslandsdienststellen, zum Beispiel bei unseren Partnernationen, bei der NATO oder der EU. Unabhängig von Auslandseinsätzen gibt es Austauschprogramme mit anderen Staaten oder die Möglichkeit einer Tätigkeit in internationalen Stäben. Als Zivilpersonal sind diese freiwilligen, zeitlich begrenzten Verwendungen sicherlich auch im Rahmen der Laufbahn interessant. Wenn Hochschulabsolvent:innen frisch eingestiegen sind, müssen sie natürlich erst ein bisschen Systemverständnis erlangen, es gibt aber keine pauschale Frist bis zur ersten Auslandsverwendung.
Welche Schritte gehen interessierte Absolvent:innen nun am besten?
Für Studienabsolvent:innen empfehle ich, sich direkt mit dem Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr in Köln (Kontakt: Kapitänleutnant Dicks; Tel.: 02203-105-2418) in Verbindung zu setzen. Wir bieten aber auch studienbegleitende Praktikumsplätze an, um einen Einblick in die Bundeswehr als möglichem Arbeitgeber zu gewähren.