Digitale Gewalt, Desinformation und Cyberangriffe sind nur einige der Bedrohungen, mit denen wir in der vernetzten Welt konfrontiert sind. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ist eine der staatlichen Institutionen, die an mehr Sicherheit im digitalen Raum arbeiten – Nora Kluger, zuständig für digitalen Verbraucherschutz beim BSI, gibt uns Einblicke in ihren Arbeitsalltag.
Gegen digitale Gewalt: Verbraucherschutz im digitalen Raum
Frau Kluger, mit welchen Themen beschäftigen Sie sich beruflich?
Ich arbeite im BSI im Bereich „Digitaler Verbraucherschutz“. Unsere Aufgabe ist es, Privatpersonen, also die Bürgerinnen und Bürger dabei zu unterstützen, sich sicher und selbstbestimmt im digitalen Raum zu bewegen, sie für Gefahren zu sensibilisieren und ihnen Tipps, Hilfestellungen und Informationen an die Hand zu geben, um sich vor Gefahren im Internet schützen zu können. Dafür entwickeln und verbreiten wir Produkte wie Broschüren, Flyer, Checklisten, Anleitungen, Videos, Podcast und Newsletter, sind auf Messen und Veranstaltungen präsent und halten Vorträge zur Sensibilisierung und Informationsvermittlung.
Inwiefern beschäftigen sich Sicherheitsbehörden wie das BSI mit Themen wie Gewalt, die im digitalen Raum täglich stattfindet?
An dieser Stelle würde ich gerne differenzieren, denn es gibt verschiedene Formen digitaler Gewalt. Die häufigste Form – gerade in den sozialen Medien – ist Hatespeech, also die Verbreitung von Hass und Hetze, Diskriminierung, Beleidigungen oder Herabwürdigung von Menschen im Internet.
Beim BSI beschäftigen wir uns nicht mit Hatespeech, sondern mit den Aspekten digitaler Gewalt, die durch unzureichende IT-Sicherheit, wie etwa bei der Absicherung der eigenen Geräte und Accounts auftreten können, und geben technische Tipps, wie man sich davor schützen kann. Digitale Gewalt ist insgesamt ein sehr komplexes Phänomen, daher arbeiten wir in diesem Bereich eng mit anderen Einrichtungen, beispielsweise aus dem psychosozialen Bereich und der Wissenschaft, zusammen. Unser Ziel ist es, Betroffene möglichst umfassend zu unterstützen sowie Politik, Öffentlichkeit und die Hersteller für das Thema zu sensibilisieren.
IT-Sicherheit in Deutschland im internationalen Spannungsfeld
Inwiefern beeinflusst die aktuelle politische Lage Ihre Arbeit?
In Zeiten von Wahlen wird gerade online viel Desinformation verbreitet, um das Wahlverhalten und die politische Willensbildung der Bevölkerung zu beeinflussen. Im Kampf gegen diese Desinformation ist das BSI mit aktiv und somit betreffen diese Entwicklungen auch meine Arbeit. Auch Kriege, wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine spielen sich heutzutage nicht nur im analogen, sondern auch im digitalen Raum ab und führen zu vermehrten Angriffen und einer erhöhten Bedrohungslage, die das BSI permanent beobachtet und bewertet.
Für Menschen und Firmen mit Verbindung nach Russland wird es aufgrund genau dieses Krieges schwieriger, Aufträge oder Jobs zu bekommen – natürlich auch im BSI, da potentiell das Risiko staatlicher russischer Einflussnahme besteht. Auch politische Überlegungen wie zum Beispiel die Einrichtung eines Digitalministeriums mit neuen Zuständigkeiten und Zuschnitten haben Einfluss auf unsere Arbeit – sofern sie realisiert werden.
Das klingt nach einer Tätigkeit, die nicht langweilig wird. Was motiviert Sie außerdem?
Ganz schlicht das Gefühl, etwas Sinnvolles und Bedeutsames für die Menschen in Deutschland zu tun. Dazu kommen die komplexen Themen IT-Sicherheit, Digitalisierung, Netzpolitik und mehr, die permanent spannend und herausfordernd sind. Die Kombination mit den Menschen in meinem Team, meiner Chefin und meiner „Nebentätigkeit“ als Inhouse-Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation im BSI, rundet das ab. Dass das BSI ein angenehmes Arbeitsumfeld mit Home Office und flexiblen Arbeitszeiten geschaffen hat und ich als Beamtin ein sicheres Einkommen habe und finanziell für meine Familie sorgen kann, sollte auch nicht unter den Tisch fallen. (lacht)
Weitere Informationen zum BSI findest du auf ihrer Website.
Wie wurden Sie auf das BSI als Arbeitgeber aufmerksam?
Wer wie ich Informatik studiert und Vertiefungen in IT-Security und Kryptographie belegt, wird früher oder später zwangsläufig auf das BSI als die oberste deutsche Autorität für IT-Sicherheit aufmerksam. Es war schon im Studium ein Traum von mir, später mal für die oberste IT-Behörde der Bundesrepublik Deutschland und damit für die Menschen in Deutschland zu arbeiten. Den Idealismus, die Welt zu verbessern und für „den guten Zweck“ zu arbeiten, teile ich mit vielen meiner Kolleginnen und Kollegen im BSI.
Diversität beim BSI
Sie selbst waren auch in leitenden Positionen beim BSI tätig – wie steht es dort um Diversity und Gleichstellung?
Obwohl im MINT-Bereich statistisch gesehen mehr Männer als Frauen tätig sind, steigt der Frauenanteil im BSI kontinuierlich und liegt schon über dem Durchschnitt im IT-Bereich! Bei uns arbeiten sehr verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und keineswegs nur Informatiker:innen oder Naturwissenschaftler:innen – es ist sehr interdisziplinär. Unsere Branche bringt es meiner Meinung nach mit sich, dass hier viele neurodivergente Menschen arbeiten, was ich als sehr angenehm empfinde. Es erweitert den eigenen Horizont, bringt oft benötigte Perspektivwechsel rein und verhindert so eindimensionales Denken. Nicht zuletzt achtet das BSI sehr auf einen Umgang auf Augenhöhe, fördert flache Hierarchien und ermöglicht Aufstiegsmöglichkeiten, wenn man das möchte.
Was würden Sie sich für Ihre eigene berufliche Zukunft wünschen?
Ganz ehrlich: Einmal, dass Menschen sich weniger gegenseitig schaden und bekriegen – sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt. Dass wir es schaffen, den digitalen Raum gemeinsam zu einem sicheren, gewaltfreien Raum für alle Menschen zu machen. Drittens, dass weniger, insbesondere staatliche, Regulierung im Internet notwendig ist, weil die Menschen anders miteinander umgehen und miteinander statt gegeneinander agieren. Und zuletzt, dass die Menschen verstehen, dass wir alle miteinander verbunden und voneinander abhängig sind: „Kooperation gewinnt“.
Nach dem Studium der Informatik an der Universität Karlsruhe (TH) von 2000 bis 2007, das Nora Kluger erfolgreich als Diplom-Informatikerin abschloss, arbeitete sie von 2007 bis 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum Informatik (FZI) in Karlsruhe. Dort lag ihr Schwerpunkt auf den Bereichen Automatisierung, Softwareschutz im Maschinen- und Anlagenbau sowie Trusted Computing. Seit Oktober 2012 ist sie im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) tätig, unter anderem als Referentin und Referatsleiterin im Bereich Kritische Infrastrukturen, als Referentin für digitalen Verbraucherschutz sowie als Inhouse-Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation.
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