Michael Penz, der bereits in seiner Bachelorarbeit Smart Home Systeme zur Integration in Simulationsframeworks analysierte, beantwortete der Redaktion von hitech-campus.de brennende Fragen zu aktuellen Trends der Elektrotechnik.
In Ihrer aktuellsten wissenschaftlichen Publikation simulieren Sie intelligente Energieverteilungsnetze.
Richtig, in der Publikation geht es darum, SmartHome Konzepte in softwarebasierte Smart Grid-Simulationen zu integrieren. Dabei steht insbesondere das Open Source Programm „RAPSim“ im Fokus, das unter Betreuung von Prof. Elmenreich an der Universität Klagenfurt entwickelt wurde. RAPSim ist ein Java-basiertes Simulationsframework für Smart- beziehungsweise Microgrids. Die damit einhergehende Forschung hat gezeigt, dass es notwendig ist, die immer populärer werdenden SmartHomes in Simulationen intelligenter Energienetze zu berücksichtigen. Denn diese haben große Auswirkungen auf die in Smart Grids auftretenden Energieflüsse. Diese Thematik wurde zuvor in RAPSim noch nicht berücksichtigt.
Innerhalb der SmartHome Technologie gibt es verschiedene Rubriken (Sensorik, Beleuchtung, Sprachassistenz…). Welche sehen Sie hier als besonders lukrativ und warum?
SmartHome Technologien zielen darauf ab, sowohl den Komfort zuhause als auch die Effizienz des Stromverbrauches zu erhöhen. Lukrativ sind natürlich alle Maßnahmen, die eine Reduzierung des Stromverbrauchs zur Folge haben, beispielsweise die smarte Steuerung von Heizung, Beleuchtung, Smart Switches et cetera. Abgesehen von den Einsparungen durch den Stromverbrauch sind alle Funktionen, die größere Schäden verhindern, besonders lukrativ. Dazu zählen der Frostschutz, der durch die Heizungssteuerung geregelt wird, Brandschutz durch Feuer- beziehungsweise Rauchmelder oder Einbruchschutz durch Security Funktionen, wie zum Beispiel Sicherheitskameras, Bewegungsmelder und Alarmanlagen. Diese Zusatzfunktionen können hohe, unvorhersehbare Kosten verhindern.
Im Zusammenhang mit SmartHomes werden oftmals Sicherheitsbedenken geäußert. Vor allem Hacker stellen ein großes Problem dar. Wie schätzen Sie die Sicherheitslücken des vernetzten Zuhauses ein?
Besondere Vorsicht bedarf es immer bei Geräten, die mit dem Internet verbunden sind. Auch die Kommunikation mit den Cloud-Diensten ist ein problematischer Punkt. Vieles wird dabei von den Herstellern geregelt, die sich sehr um die Sicherheit im SmartHome bemühen. Dabei wird hauptsächlich auf sichere Protokolle und Nachrichtenverschlüsselung gesetzt. Schlagworte dazu wären VHP ready oder die open ADR alliance. Der Schaden, den Hacker anrichten können, ist eher als gering einzustufen, da die derzeitigen Systeme noch nicht mit kritischen Systemen verbunden sind – sowohl Hersteller als auch Entwickler_innen sind sich der Thematik aber bewusst und bauen daher von Beginn an sichere Patch- und Update-Mechanismen ein. Größere Sicherheitslücken entstehen eher durch falsche Anwendung oder fehlerhafte Installation der Systeme beispielsweise falsch montierte Fensteröffner, Türschlösser und so weiter.
Könnten Sie sich ein ähnliches Virus wie WannaCry für SmartHomes vorstellen – also dass das System gehackt wird und die komplette Technik durch Erpressung und vor allem bei Nichtzahlung unbrauchbar wird?
WannaCry war eine Ransomware, die explizit für Windows entworfen und eingesetzt wurde, um die Wirtschaft anderer Staaten beziehungsweise deren Unternehmen zu sabotieren. Die verwendete Sicherheitslücke war Auslandsgeheimdiensten mehr als 5 Jahre bekannt und wurde Microsoft nicht gemeldet, sondern unter dem Namen „EternalBlue“ für Spionagezwecke weltweit verwendet. Solche Cyberattacken sind also nicht nur vorstellbar, sie sind auch gängige Praxis, denn Hacker finden immer wieder Wege, in ein System einzudringen. Doch der Schaden, der durch eine etwaige Schadsoftware entstehen würde, ist bei SmartHome Systemen – noch – als eher gering einzuschätzen.
Inwiefern erfordern SmartHome-Systeme eher IT-Absolventen oder bieten sie viel mehr attraktive Jobs für Elektrotechniker?
SmartHome-Systeme erfordern gleichermaßen die Fähigkeiten von Elektrotechnikerinnen und Elektrotechnikern als auch von IT-Absolventinnen und Absolventen. Das Entwickeln und Herstellen der Technologien reicht nicht aus, um ein sicheres System zu gewährleisten. Vor allem sind auch der fachgerechte Einbau, die Installation und Konfiguration der Systeme vor Ort sehr wichtig. SmartHomes bieten Jobs für Techniker/innen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen und werden in Zukunft viele Arbeitsplätze schaffen.
„Zu teuer. Zu kompliziert“ – sind oftmals Äußerungen von SmartHome-Anwendern, die insbesondere auf die Einfachheit in der Nutzung großen Wert legen. Was würden Sie dem entgegnen?
Die Zeiten ändern sich. Anfangs waren SmartHomes noch sehr teuer, aber heutzutage sinkt der Preis durch starken Konkurrenzdruck immer weiter ab. Starter-Systeme sind schon relativ günstig zu bekommen und können zum Teil mit Zusatzpaketen beliebig erweitert werden. Um die Nutzung so einfach wie möglich zu gestalten, bieten einige Hersteller an, die Montage, Installation und Konfiguration komplett durchzuführen. Dabei wird das System nach Belieben des Nutzers eingestellt, sodass dieser später fast gar nichts mehr selbst zu tun hat.
Der offensichtliche Mehrwert von SmartHomes ist durch die Einsparungen an Stromkosten als auch durch die Erhöhung des Komforts gegeben. Was die Messwerte und Informationen und neuen Möglichkeiten allerdings mit einem anstellen, wenn man plötzlich sieht, dass der Windsensor lokal eine Wetterwarnung vorhersagt oder der Überschwemmungssensor meldet, dass im Keller Wasser austritt, ist natürlich subjektiv. Auch andere Messwerte wie der steigende Geräuschpegel in der Wohnung, obwohl keiner zu Hause sein sollte oder die Verbindung zu Smart Health-Geräten, die ein Herzflimmern merken und gleich die Tür für in der Nähe befindliche Ersthelfer/innen öffnen können – werden von jedem individuell ganz unterschiedlich aufgenommen.
Trotz der Befürchtung, dass SmartHomes nicht spannend für ein breites Publikum sind, etabliert sich die computerbasierte Haussteuerung scheinbar zu einem Trend. Hat sich dies auf der IECON18 Konferenz des IEEE bestätigt?
Auf der IECON18, als größte Konferenz der IEEE, gab es ein sehr breites Spektrum an Fachvorträgen zu den verschiedensten Bereichen der Elektrotechnik. SmartHomes war nur ein kleiner Teil davon. Jedoch war daraus zu erkennen, dass SmartHomes in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen werden. Vor allem werden auch Smart Grids eine wichtige Rolle zur Verteilung der Energie spielen. Der Trend, dass sich immer mehr Leute für zuhause ein SmartHome-System besorgen wird sich jedenfalls weiter fortsetzen. Durch die derzeitige Zunahme der elektrischen Fahrzeuge wird bald auch die Elektromobilität eine große Rolle für SmartHomes spielen. Dies bringt viele neue Ansätze und erhöht zudem die Diversität der Stromnutzungsmöglichkeiten – nicht nur für den Anlagenbesitzer, sondern für das gesamte Energienetz.
Ist das SmartGrid die Hoffnung der Energiewende?
Das Smart Grid ist eine sehr gute und effiziente Lösung, um die Energieverteilung intelligent zu steuern. Dies erfolgt über eine bi-direktionale Kommunikation zwischen Energieversorger und -nutzer. Dadurch wird eine effiziente Steuerung des Energieaustausches ermöglicht. Dies führt zu Vorteilen sowohl für den Betreiber als auch für den Konsumenten. Für den Konsumenten ergeben sich dadurch weitere Preisvorteile und der Stromversorger kann Leistungsspitzen in den Versorgungsnetzen entgegenwirken. Die zunehmende Energieerzeugung durch erneuerbare Energieträger stellt eine große Herausforderung für unser konventionelles Energienetz dar. Die auftretenden Probleme sind dabei die schlechte Regelbarkeit und die große Verteilung der erneuerbaren Energieerzeugung. Die perfekte Lösung dafür sind Smart Grids, mit denen die dezentrale Einspeisung sehr gut geregelt werden kann und die durch erneuerbare Energieträger erzeugte Energie bereits lokal verwendet werden kann. Deshalb halte ich Smart Grids als durchaus essenziell für die Zukunft der Energieverteilung.
Michael Penz hat seinen Bachelor of Science in „Elektro- und Informationstechnik“ absolviert und strebt derzeit seinen Master in „Embedded Systems“ an der TU Wien an. Mit seiner neusten wissenschaftlichen Publikation: „Implementation of a new consumer model in RAPSim to allow the integration of home energy management systems” überzeugte Michael Penz Fachleute aller Welt. Erhältlich ist diese nach der Veröffentlichung über die online Bibliothek der IEEE. In Zukunft plant der Masterstudent eine weitere Vertiefung in Richtung Smart Grids und intelligenter Energieversorgung.