Schnelligkeit als der neue, essenzielle Wettbewerbsfaktor – eine der vielen Konsequenzen, die die Digitalisierung für Unternehmen mit Consumer Brands mit sich bringt. Das Familienunternehmen AUGUST STORCK bietet mit Toffifee oder nimm2 genau diese an und hat daher eine schlagkräftige und dreigeteilte IT-Abteilung aufgebaut: Zentral koordiniert stellt diese weltweit IT-Services bereit, damit Storck in der Digitalisierung weiterhin gut gerüstet ist.
Herr Ostendorf, welchen Stellenwert hat die Digitalisierung bei Storck und wie wirkt sie sich auf Ihre tägliche Arbeit als Leiter der IT aus?
Sie ist ein Megatrend, der die Art und Weise wie wir leben, arbeiten und Wertschöpfung erzeugen signifikant verändert. Die Digitalisierung ist dabei, die Wirtschaft und die Unternehmenswelt umzuwälzen. Immer mehr Daten werden miteinander verknüpft und führen zu neuen Dienstleistungen, Produkten und Geschäftsmodellen. Gleichzeitig werden Geschäftsprozesse tangiert. „Industrie 4.0“, die vernetzte Produktion, hat beispielsweise das Potenzial, Wertschöpfungsketten grundlegend neu zu gestalten und die Geschäftsmodelle erheblich zu beeinflussen.
Die Storck IT-Organisation muss sich diesen neuen Herausforderungen stellen. Um eine erfolgreiche Umsetzung der IT-Strategie sicherzustellen, wird die Ausrichtung der IT-Organisation immer wieder aufs Neue auf den Prüfstand gestellt. Die Prozesse und Aufgaben werden zugeordnet und die Verantwortlichkeiten klar definiert.
An welcher Herausforderung der Digitalisierung arbeiten Sie aktuell?
Der Vertrieb von Süßwaren ist ein klassisches Impulsgeschäft. Stand heute müssen Sie die Ware im Markt und dem Kunden ansprechend präsentieren, damit er sie kauft. Die aktuelle Frage ist, wie sich Konsumenten unter all den neuen digitalen Trends weiter verhalten und was Digitalisierung für den Einkauf bedeutet, wenn der Kunde mehr und mehr online agiert? Wir untersuchen also, wie sich das Umfeld unseres Geschäftsmodells ändern wird und welchen Einfluss es auf uns und unsere Prozesse sowie Systeme haben kann. Prozesse werden viel stärker als jemals zuvor digitalisiert und müssen daher bereichsübergreifend von der IT unterstützt werden. Es gibt neue digitale Enabler – hier ist es wichtig, Prozesse im Kontext aller Unternehmensabläufe zu betrachten. Nur so bleiben wir wettbewerbsfähig und können schneller reagieren, denn Software-Zyklen ändern sich heute mehrmals jährlich. Schnelligkeit wird meiner Meinung nach der neue Wettbewerbsfaktor sein, nicht die Vollkommenheit der Prozesse in den eingesetzten Tools. Dies ist der große Unterschied der nächsten Jahre im Vergleich zu den letzten.
Wie gliedert sich diese Abteilung auf?
Wir stellen die IT-Services den Mitarbeitern der Storck-Gruppe weltweit zentral zur Verfügung. Der Bereich „IT-Service Storck“ unterteilt sich in drei Abteilungen mit zirka 90 Mitarbeitern.
Hauptaufgabengebiet der Abteilung BAM (Business Application Management) ist der Betrieb und die Weiterentwicklung der Anwendungen im Umfeld des SAP-ERP (komplexe Anwendungssoftware zur Unterstützung der Ressourcenplanung eines gesamten Unternehmens) auf Basis von HANA (High Performance Analytic Appliance). Dieses betrifft im Wesentlichen die Bereiche Vertrieb, Einkauf, Buchhaltung, Controlling, Logistik, Produktion und Personalwesen. In diesen Bereichen ist eine hohe Durchdringung der Prozesse durch SAP-IT-Einsatz gegeben.
Neben den klassischen IT-Tätigkeiten der Programmierung und des Customizings übernimmt die IT noch weitere Aufgaben. In vielen Projekten wird die Projektleitung von Mitarbeitern der Abteilung BAM übernommen. Diese hat sich von einer reinen Programmier- in Richtung einer Organisationsabteilung entwickelt, die die übergreifenden Prozesse bei Storck aus IT-Sicht koordiniert und stetig weiterentwickelt. Hierzu sind eine sehr enge Zusammenarbeit und ein kontinuierlicher Austausch mit den Fachabteilungen und deren XPERTs (die Key-User bei Storck) an der Tagesordnung.
Die Hauptaufgabe der Abteilung CAM (Cross Functional Application Management) liegt darin, die Abwicklung der Geschäftsprozesse bei Storck mit geeigneten Systemen wie zum Beispiel Workflow-Techniken, Portal-Anwendungen, Kollaborations- und Dokumentenmanangement-Tools oder EDI-Anwendungen zu unterstützen.
Im Fokus steht hier insbesondere, einen hohen Automatisierungsgrad zu erreichen, um die Mitarbeiter in den Fachabteilungen von Routinearbeiten zu entlasten. Das Aufgabenumfeld der Abteilung CAM ist sowohl inhaltlich als auch technisch durch eine sehr große Bandbreite gekennzeichnet. Neben der Betreuung und Weiterentwicklung der oben genannten Anwendungen und Systeme zählen auch Beratungs-, Konzeptions- und Projektleiteraufgaben zum Aufgabenspektrum.
Die Abteilung ISS (Infrastructure & Support) versteht sich ebenso als IT-Serviceabteilung für alle Storck-Gesellschaften und deren Mitarbeiter und befasst sich mit der technischen Sicht auf die bei Storck angesiedelten IT-Systeme. Die Aufgabe der Abteilung ISS liegt darin, die IT-Infrastruktur sowie die IT-Basissysteme bei Storck aufzubauen, zu optimieren, gegebenenfalls zu erweitern und sicher zu betreiben. Dies bezieht sich auf alle Standorte in Deutschland und die Anbindung der Logistikpartner sowie die zahlreichen Vertriebsgesellschaften im Ausland.
Welche Unternehmensphilosophie liegt Ihrer Arbeit zugrunde?
Die Haltung „Wir sind ein Familien-Süßwaren-Unternehmen und Vertrauen ist unsere Grundlage“ spüre ich täglich überall im Unternehmen.
In einem früheren Beitrag stellten wir bereits fest, dass die IT-Mitarbeiter als Inhouse Consultants die Storck-Welt miteinander verknüpfen. In den Augen von Studierenden ist Consulting eine klassische BWL-Funktion. Wie viel betriebswirtschaftliches Wissen müssen IT-Einsteiger mitbringen?
Ein BWL-Basiswissen ist natürlich immer hilfreich, keine Frage. Entscheidend ist aber, in welchem Bereich der IT sie eingesetzt werden. IT mit Zukunft benötigt neue Skills und Verhaltensweisen. Die Bewertung und der Einsatz digitaler Technologien erfordert spezielles Fachwissen und neue Kompetenzen, die es zu erlernen beziehungsweise zu vertiefen gilt. Egal ob neue Softwaresysteme, Cloudbasierte Tools, mobile CRM- oder Analytics-Systeme eingesetzt werden. Projektmanagement-Fähigkeiten werden stärker gefordert als die reine Programmierexpertise. Denk- und Verhaltensmuster sollten durch hohe Agilität geprägt sein. Um schnell Wettbewerbsvorteile zu erlangen, verlangt die Digitalisierung von Unternehmen, dass sie neue Anwendungen und Applikationen quasi „nur“ noch aus der Cloud mit bestehenden Systemen verbinden.
Ein Beispiel: Für ein Projekt wird ad hoc zusätzliche Rechnerleistung und Speicherplatz für begrenzte Zeit benötigt. Dafür muss heute keine neue Hardware für das eigene Rechenzentrum gekauft werden, sondern kann als Service auf Zeit extern dazu gebucht werden. Diese Kenntnis des Marktes wird unter anderem in Zukunft wichtiger werden. Reine Programmierkenntnisse werden in unserem Unternehmens-Umfeld weniger werden.
Arbeitet die IT mit einem oder zwei Fachbereichen besonders intensiv zusammen?
Die IT zieht sich durch das ganze Unternehmen, wir arbeiten mit allen Fachbereichen zusammen. Es kann aber Projektsituationen geben, in denen wir zeitweise zum Beispiel vom Fachbereich Logistik oder vom Marketing stärker gefordert werden als von der Buchhaltung oder dem Controlling.
Gibt es ein Wissensgebiet, das Sie für den erfolgreichen Berufseinstieg für wichtig halten – der aber nicht an allen Hochschulen gelehrt wird?
Wichtig sind uns auf jeden Fall Projekt-managementfähigkeiten, sowie Prozessmanagement-Know-how und -Methoden sowie ganz klar die IT-Sicherheit. Dieses Thema wird die IT-Welt mehr und mehr dominieren.
Sie selbst sind nun schon seit 18 Jahren im Unternehmen – können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag erinnern?
Ja, ganz genau sogar. Ich war sehr überrascht, von so vielen freundlichen Menschen umgeben zu sein und so viele interessante Menschen und Projekte national und international erleben zu dürfen. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Michael Ostendorf studierte Allgemeine Informatik an der Hochschule Dortmund, bevor er nach mehreren Stationen ab dem Jahr 2000 bei Storck verschiedene Leitungspositionen durchlief. Seit 2010 ist er der Bereichsleiter IT (CIO) und fokussiert sich nicht nur auf die Digitalisierung, sondern auch IT-Strategie und -Sicherheit sowie aktuelle Themen wie die EU-DSGVO.