Gerade im Tech-Sektor sind weibliche Führungskräfte noch selten. Dr. Andrea van Aubel ist Vorständin beim IT-Dienstleister msg, der mit über 10.000 Mitarbeitenden den digitalen Wandel seiner Kunden begleitet. Sie blickt in die Zukunft ihrer Branche und verrät, warum KI zu neuen Berufsfeldern führen wird.
Frau Dr. van Aubel, ist die Digitalisierung mit all ihren Facetten eine der spannendsten Phasen Ihrer Laufbahn?
Ich bin nun seit fast 30 Jahren im Umfeld IT für Versicherungen unterwegs und muss sagen, es war immer spannend: die Einführung des PCs in den Unternehmen und immer leistungsfähigere Großrechner, E-Mail-Programme, Automatisierung durch Workflow-Systeme, Texterkennung für eingehende Post oder Standardsoftware für Bestandsverwaltungssysteme – immer hatte die Weiterentwicklung auf der IT-Seite erhebliches Potenzial für die Transformation des Business. Aktuelle Themen wie Cloud, KI und Ökosysteme beschleunigen diese Entwicklung aus meiner Sicht und sind daher besonders faszinierend. Für uns als msg ist es wichtig, die neuen Technologien so einzusetzen, dass unsere Kundinnen und Kunden einen Mehrwert daraus für sich und die Gesellschaft generieren. Dies gilt vor allem bei den Themen Nachhaltigkeit und KI.
Seit einigen Monaten sind Sie Vorständin bei msg und verantworten dort den Bereich Insurance. Welches sind in diesem Ressort Ihre Aufgabenfelder?
Genau, in der msg-Gruppe bin ich verantwortlich für die Branche Insurance, das heißt für alle Software-Produkte und IT-Dienstleistungen, die wir für Versicherungsunternehmen anbieten. Darüber hinaus verantworte ich die Digitalisierungsangebote, die wir branchenübergreifend entwickeln, weil es dort auf die Vernetzung verschiedener Branchen für den Aufbau von Ökosystemen ankommt. Beide Themen habe ich viele Jahre als COO, CIO und Chief Digital Officer in internationalen Versicherungskonzernen vorangetrieben und es macht mir große Freude, dies jetzt auf der Angebotsseite umzusetzen.
Können Sie uns eines Ihrer typischen Projekte aus Ihrem Alltag schildern, dem Sie sich mit Ihrem Team gemeinsam stellen?
Sehr gerne! Wir arbeiten momentan zum Beispiel an der Verbesserung der Customer Experience von IT-Systemen für unsere Kundinnen und Kunden aus der Versicherungswirtschaft, weil gerade junge Menschen hohe Erwartungen an die Usability und Convenience von Anwendungen, Apps und Prozessen haben. Eines unserer strategischen Fokusthemen ist Cloud und hier speziell der Aufbau von Plattformen, die dann von vielen Kundinnen und Kunden gleichzeitig genutzt werden können.
Zudem bieten wir unseren Kunden bereits Beratungs- und Produktlösungen im Kontext Nachhaltigkeit. Wir entwickeln bestehende Angebote weiter und bauen unser Angebotsspektrum stetig weiter aus. So können wir unsere Kundinnen und Kunden dabei unterstützen, das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich zu betrachten und auszubauen. Ein aktuell besonders spannendes Projekt ist etwa unsere msg.GREENfactory, die unsere Kundinnen und Kunden dabei unterstützt, CO2-Emissionen zu reduzieren.
Mit einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Wirtschaft sprechen Sie ein Thema an, welches zentral für unsere Zukunft ist. Ein anderes ist die rasante technologische Entwicklung. Muss ich mir heute als Studentin Sorgen machen, dass die KI in vielen Berufsfeldern Menschen überflüssig machen wird?
Ich bin davon überzeugt, dass die KI unsere Arbeitswelt – und auch das private Umfeld – signifikant verändern wird. Es gibt Tätigkeiten, die künftig von Algorithmen übernommen werden, aber es werden auch neue Berufsfelder dadurch entstehen. Seit Erfindung des Smartphones sehen wir viele solcher disruptiven Entwicklungen: Musik wird gestreamt – damit sind Schallplatten und CDs ausgestorben, ebenso sind Filme für Fotoapparate von Kodak und Agfa durch hervorragende Kameras im Smartphone ersetzt worden. Stadtpläne, Postkarten, Telefonzellen – alles Relikte aus einer Zeit ohne Internet und Smartphone. Angst muss man davor aber nach meiner festen Überzeugung nicht haben, solange man sein Arbeitsleben als eine permanente Weiterentwicklung begreift und lernt, mit neuen Technologien umzugehen.
Hilft diese permanente Weiterentwicklung auch dabei, sich als Frau in einem eher maskulin geprägten Umfeld wie dem IT-Sektor durchzusetzen – oder fallen Ihnen da andere Erfolgsfaktoren ein?
Das Fachwissen in dem Gebiet, in dem ich gearbeitet habe, habe ich immer aktuell gehalten, so dass ich bei allen Entscheidungen fundiert mitreden konnte. Das mache ich auch weiterhin so.
Ich respektiere die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite und beziehe sie in Entscheidungen ein. Ich gebe konstruktives Feedback, insbesondere bei Entscheidungen, mit denen ich nicht einverstanden bin. Männer denken und führen anders als Frauen. Beides hat seine Berechtigung und das Zusammenwirken und der Austausch erzeugen den Mehrwert der Diversität von Teams. Daher habe ich immer versucht, meine Art zu denken und zu führen beizubehalten und meine Beweggründe mit den Kollegen zu teilen. Sich dabei mit Mitstreiterinnen zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen, halte ich für wertvoll und hilfreich.
Sehen Sie es denn als Ihre Aufgabe an, junge Frauen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen?
Ja, absolut! Die McKinsey-Studie „Delivering Through Diversity” aus dem Jahr 2018 hat nachgewiesen, dass bei deutschen Unternehmen mit einem hohen Anteil weiblicher Führungskräfte im Topmanagement – also dem Vorstand plus zwei bis drei Ebenen darunter – sich die Wahrscheinlichkeit eines überdurchschnittlichen Geschäftserfolgs verdoppelt. Es ist also keine Glaubensfrage mehr, ob Frauen in Führungsetagen gut für ein Unternehmen sind, sondern ein ökonomisches Postulat.
Um Frauen für die oberen Etagen zu entwickeln, muss man bei den jungen Frauen anfangen.
Mir war es immer ein Anliegen, junge Frauen zu unterstützen und auf ihrem Weg zu begleiten. Das hat viele Facetten – beginnend bei Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, über die Stärkung des Selbstbewusstseins der jungen Frauen in einer männerdominierten Welt bis hin zur Einrichtung von Frauennetzwerken, in denen man sich austauscht und gegenseitig unterstützt. Den Einsatz von Mentoring-Programmen kann ich sehr empfehlen. Ich selbst habe mit männlichen Mentoren sehr positive Erfahrungen gemacht. Zu meiner Zeit gab es keine weiblichen Mentorinnen in meinem Umfeld, aber heute stelle ich mich bei msg sehr gerne als Mentorin zur Verfügung.
Für solche Mentorenkonzepte bedarf es auch eines Unternehmens, welches einem Gestaltungsmöglichkeiten zugesteht. Da Sie ganz frisch in den Vorstand berufen worden sind: Was macht msg für Sie aus?
Mir bedeutet es viel, bei msg zu arbeiten. msg hat in der Versicherungs- und IT-Branche einen hervorragenden Ruf, insbesondere aufgrund der tiefen fachlichen Branchenkenntnisse, die unsere Mitarbeitenden besitzen und in die tägliche Arbeit beim Kunden einbringen. Das hat kaum ein anderes IT-Unternehmen und das ist Voraussetzung, um für die digitale Transformation unserer Kunden Mehrwert zu erbringen.
Darüber hinaus gilt msg als zuverlässiger Partner und ist in den über 40 Jahren Unternehmensgeschichte sehr erfolgreich gewachsen. Das gilt es weiterzuführen und auszubauen. Gestartet mit drei Mitarbeitenden vor 43 Jahren hat die Gruppe heute über 10.000 Mitarbeitende – ein toller Meilenstein. Neben unseren Kundinnen und Kunden sind mir die Mitarbeitenden besonders wichtig, weil sie unseren Erfolg ausmachen. Bei msg steht der Mensch im Mittelpunkt und das halte ich für den richtigen Ansatz. Der Fachkräftemangel wird nach meiner Überzeugung dazu führen, dass unsere Kundinnen und Kunden in ein paar Jahren nicht mehr genügend Personal haben werden, um ihre IT-Systeme selbst zu warten und weiterzuentwickeln und in eigenen Rechenzentren zu betreiben. Daher sehe ich den Trend, dass der Einsatz von Standardsoftware weiter steigt, die Migration von Anwendungen in die Cloud weiter beschleunigt wird und SaaS-Plattformen an Bedeutung gewinnen.
Welches sind auf diesem Weg die größten Herausforderungen für msg?
Für uns ist es wichtig, im War for Talents junge Mitarbeitende für uns zu begeistern. Die Digitalisierung schafft spannende Herausforderungen, denen wir mit durchdachten Konzepten und Lösungen begegnen wollen. Wir möchten unsere Begeisterung für IT-Berufe so früh wie möglich mit jungen Menschen teilen. Dafür nehmen wir deutschlandweit am Girls‘ Day teil, bieten Schnupperpraktika an und gehen an Schulen. Besonders intensiv ist auch unsere Zusammenarbeit mit Hochschulen: Über das msg-Hochschulpatennetzwerk sind wir an vielen Hochschulen mit Vorlesungen, Gastvorträgen und Workshops aktiv, um Lehre und Praxis zu verbinden und Trendthemen wie Cloud oder KI zu den Studierenden zu bringen.
Studierende interessiert neben dem Fachlichen auch, für welche Kultur ein Arbeitgeber steht.
Das stimmt. Unsere Unternehmenskultur basiert auf sieben msg-Werten – Engagement, Gestaltungsfreiheit, Glaubwürdigkeit, Kollegialität, Nachhaltigkeit, Respekt und Zuverlässigkeit. Sie sind die Richtschnur für das tägliche Miteinander und fördern Diversität und eine offene und vielfältige msg. Und das ist kein Lippenbekenntnis. Seit meinem Start bei msg sehe ich jeden Tag: die Werte werden wirklich gelebt. Auch das erwähnte „Mensch im Mittelpunkt“ ist als Leitbild Teil des kulturellen Selbstverständnisses bei msg zentral – und wird stetig weiterentwickelt, zum Beispiel im Rahmen von Kulturdialogen und zahlreichen Projekten und Maßnahmen an vielen Stellen in der Unternehmensgruppe.
Du willst mehr über msg systems wissen? Wir haben msg systems auf HI:TECH CAMPUS vorgestellt.
Wie würden Sie persönlich Ihre eigene Führungskultur beschreiben?
Ich bin eine leidenschaftliche Anhängerin der konstruktiven Führungs- und Zusammenarbeitskultur, die ich in meinem Berufsleben mehrfach erfolgreich in Unter- nehmen eingesetzt habe.
Bei Führung hat man es mit Menschen zu tun und das muss man richtig gut machen, denn Menschen sind unser wichtigster Erfolgsfaktor und es gilt der Spruch:
„Wer unfähige Führungskräfte beschäftigt, verliert fähige Mitarbeitende“. Führung bedeutet für mich fördern und fordern, Vorbild zu sein, konstruktives Feedback zu geben – natürlich loben, aber auch Verbesserungspotenziale konkret ansprechen.
Wichtig ist mir außerdem in meiner Führungsrolle, mich für die Kolleginnen und Kollegen zu interessieren, mit ihnen gemeinsam ihre Karriere zu planen und unterstützend Orientierung zu geben. Gegenseitiges Vertrauen ist dabei für mich immer die Basis für gute Führungsarbeit.
Das msg-Einstiegsprogramm „PROFESSIONAL START“ (wahlweise in IT oder Consulting) bietet einen Mix aus Schulungen und Praxisphasen. So werden Absolvent:innen optimal auf ihre zukünftigen Aufgaben bei msg vorbereitet. Neben einem unbefristeten Arbeitsvertrag und einem vollem Gehalt ermöglicht das Programm Weiterbildungen aus einer breiten Palette an Seminaren und Zertifizierungen zu fachlichen, persönlichen oder methodischen Themen.
Einsteiger:innen, die auf der Suche nach einem Direkteinstieg sind, finden bei msg ebenso viele Möglichkeiten in beispielsweise Consulting, Projektmanagement oder Softwareentwicklung. Alle Infos zum Berufseinstieg gibt es hier.
Noch viel mehr coole Beiträge mit und über msg systems findest du natürlich auf hitech-campus.de.