Hapag-Lloyd, Global Player in der Schifffahrt, ist einer der bedeutendsten Treiber für digitale Transformation in Deutschland. Niklas Niefanger, Director des Digital Talents Teams, gewährt uns Einblicke und erklärt, warum man in der IT den Begriff „Crew“ für sich gewählt hat: „Eine Crew zu sein, bedeutet für uns, dass wir gemeinsame Ziele und Ideale haben – und alle weltoffen sind.“
Niklas, erzähl uns doch bitte, was deine Aufgaben bei Hapag-Lloyd sind.
Als Digital Talents Team kümmern wir uns innerhalb der IT bei Hapag-Lloyd um alles, was die Themen Lernen, Entwicklung und Rekrutierung für unsere IT-Standorte in Hamburg, Danzig und Chennai betrifft. Konkret haben wir in diesem Kontext aktuell zum Beispiel die Überarbeitung unserer IT-Lernangebote auf der Agenda. Im Themenfeld Mitarbeiter:innen-Entwicklung arbeiten wir außerdem gerade an der Einführung einer Fachkarriere – als alternative Entwicklungsmöglichkeit zur klassischen Management-Karriere. Aber auch die Auswahl neuer Stipendiat:innen und dual Studierenden zusammen mit unseren Kolleg:innen im Hapag-Lloyd Ausbildungsteam gehört ganz aktuell wieder dazu. Ein spannendes weiteres Thema ist zudem unsere Employer Recognition: Wir arbeiten zukünftig verstärkt daran, Hapag-Lloyd gezielt als Player innerhalb der IT-Branche sichtbarer zu machen, was ein essenzieller Baustein für ein erfolgreiches Recruiting ist.
Das sind einige Herausforderungen für euch. Denn bei einem Schifffahrtsunternehmen wie Hapag-Lloyd denkt man zunächst nicht unbedingt an IT.
Ja, das stimmt. (lacht) Dabei zeigt ein Blick in unsere Geschichte, dass unsere digitale Entwicklung absolut konsistent ist. Denn Informationen mussten bei Hapag-Lloyd und anderen Reedereien von Beginn an effizient und präzise verarbeitet und bereitgestellt werden: Lade- und Lösch-Listen, Stauplanung oder Routenberechnung – diese und andere Prozesse sind nach wie vor Kernthemen unseres Geschäfts. Lediglich die Tools, die wir dafür nutzen, haben sich in den letzten 176 Jahren Unternehmensgeschichte etwas verändert.
Um diesen technologischen Wandel nicht nur mitzuerleben, sondern mitgestalten zu können, haben wir mittlerweile eine etwa 800 Personen starke IT-Crew an drei Standorten weltweit. Diese Crew sorgt dafür, dass Buchungen nicht mehr am Schalter, sondern über unsere Website getätigt werden können. Oder, dass kleine selbst entwickelte IOT-Devices die Position und Vitalitätsdaten – also unter anderem Temperatur und Belüftung – unserer Container erfassen und dem Kunden zugänglich gemacht werden. Aber diese IT-Crew sorgt auch dafür, dass unsere und die Daten unserer Kunden sicher vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Für diese Aufgaben sind wir sehr breit aufgestellt, denn für diese vielfältigen Herausforderungen brauchen wir Software Developer:innen, Architekt:innen, Cloud Expert:innen, Projekt Manager:innen, Sicherheitsspezialisten und Data Engineers. Ich bin überzeugt davon, dass es wenige Fachbereiche in der IT gibt, die bei uns nicht zu finden sind – wir haben sogar eine eigene maritime IT-Abteilung, die sich um die technische Ausstattung unserer Schiffe kümmert.
Ein breites Spektrum, gleichzeitig braucht ihr auch in der Tiefe viel Kompetenz. Wie würdest du die Zusammenarbeit in der Hapag-Lloyd IT skizzieren?
Wir folgen in der IT weitestgehend den Scrum-Prinzipien, haben diese aber natürlich an unsere Bedürfnisse angepasst und sogar eine Zentralabteilung, die unsere Adaption von Agile at Scale überwacht und weiterentwickelt. Bei der Anzahl unserer Developer:innen und anderer Projektbeteiligter können wir nicht auf ein Standard-Vorgehensmodell zurückgreifen und versuchen daher täglich besser in unseren agilen Arbeitsweisen zu werden. Unsere Projekte folgen natürlich unserer Geschäftsstrategie. Dies bedeutet, dass die inhaltlichen Schwerpunkte unserer Entwicklungen feststehen, die konkrete Umsetzung jedoch durch die IT bestimmt wird. Dass jeder bei uns seine individuelle Expertise einbringen kann, macht sicherlich einen ganz besonderen Reiz unserer Zusammenarbeit aus.
Hast du konkrete Beispiele für Projekte, an denen eure IT-Teams gerade arbeiten?
Wir befinden uns aktuell in einem spannenden Transformationsprozess – genau genommen sogar in zwei gleichzeitig stattfindenden Transformationsprozessen: Einerseits haben wir uns personell in den vergangenen fünf Jahren fast verdreifacht. Neue Standorte wie Danzig oder Chennai bringen kulturelle Vielfalt und neue Skills in die IT-Teams. Um diese Veränderungen bestmöglich nutzen zu können, müssen wir auch unser Leadership- und Zusammenarbeits-Modell überarbeiten.
Andererseits sind wir mitten in der technischen Umstellung von einem monolithischen Zentralsystem zu einem verteilten Cloudsystem. Diese Umstellung bietet eine große Menge neuer Möglichkeiten, gleichzeitig läuft aber das alte System weiter und kann nicht von heute auf morgen abgeschaltet werden. Daher müssen wir bedacht vorgehen, da unsere Kolleg:innen in den Geschäftsabteilungen auf ein stets funktionierendes System angewiesen sind.
Welche spannenden Projekte zum Beispiel IT-Specialist Anna bei Hapag-Lloyd betreut, kannst du hier nachlesen.
Wer aus unserer Leserschaft nun Blut geleckt hat: Welche fachlichen und persönlichen Skills sollte man mitbringen, um euch zu überzeugen?
Neben dem im Studium erworbenen Fachwissen – bei dem ich auch Informatiker:innen raten würde, sich grob mit wirtschaftlichen Grundkenntnissen vertraut zu machen – ist es tatsächlich der gesunde Menschen- verstand, den wir sehr schätzen. Damit meine ich, analytisch arbeiten zu können, proaktiv Problemstellungen zu erfassen und zielgerichtet untereinander zu kommunizieren.
Auch eine gesunde Neugierde zu bewahren ist sehr wichtig, da die Welt sich ständig verändert und wir als globales Unternehmen wache Köpfe brauchen, die Entwicklungen auch antizipieren können.
Natürlich, um als Software Developer:in unser Team zu verstärken, solltest du auch dein Handwerkszeug beherrschen – in unserem Fall vor allem Java EE – aber ich möchte in meiner Antwort stärker auf die Persönlichkeit eingehen, die uns glücklich macht. Denn das Fachliche lässt sich in der Regel immer auch über gezielte Weiterbildungen lösen, schließlich haben wir auch viele Kolleg:innen, die einen erfolgreichen Quereinstieg in die IT hingelegt haben.
Beschreibe diese Persönlichkeit doch bitte weiter.
Ich bin überzeugt davon, dass es am Ende immer die Fähigkeit ist, im Team arbeiten zu können, Verantwortung zu übernehmen – oder zum richtigen Zeitpunkt auch abgeben zu können – die eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine glückliche und erfolgreiche Karriere ist. Deshalb achten wir so auf solche Persönlichkeiten, weil die Kolleg:innen eben genauso ticken: Hohe Freiräume, gepaart mit Verantwortungsgefühl für die Gruppe – das zeichnet uns aus und ist uns wichtig bei Kandidat:innen, die uns auf unserer Reise begleiten möchten. Wir sitzen schließlich alle im selben Boot. Apropos: Eine Begeisterung für die Schifffahrt kommt früher oder später ganz automatisch hinzu – ich konnte bereits nach den ersten Monaten bei Hapag-Lloyd nicht mehr wegschauen, wenn ich einen unserer orangefarbenen Container auf der Autobahn gesehen habe oder eines unserer Schiffe die Elbe herunterfährt.
Treiben die Hapag-Lloyd-Werte „We Care. We Move. We Deliver.“ auch den IT-Bereich an?
Absolut. Unsere Values wurden natürlich auch mit der IT zusammen entwickelt. Dort ist vor allem „We Move“ elementar. Darunter verstehen wir, dass wir uns technologisch weiterentwickeln, das heißt, dass wir uns ständig hinterfragen, ständig nachforschen, wo wir besser oder effizienter werden können, wo wir mehr automatisieren können. Damit die 800 Kolleg:innen, die in der IT tätig sind, alles haben, was sie brauchen, um technologischen Fortschritt möglich machen zu können.
Ausschlaggebend für Einsteiger:innen sind heute oft Aspekte, die über die rein fachliche Arbeit hinausgehen. Was meint euer Claim diesbezüglich?
Von unseren Unternehmenswerten trifft es hier sicherlich der erste am besten. „We Care”. Das gilt natürlich für die Ware, die uns unsere Kunden anvertrauen – aber es gilt eben auch für uns als Crew.
Wir bieten eine riesige Betriebssport-Gruppe, die von der Rudergruppe – ja, wer möchte, kann morgens auf der Alster durch Hamburg rudern – über Lauf- und Radfahrgruppen bis hin zum Foto-Verein alles bietet, was man sich vorstellen kann. Darüber hinaus werden Mitgliedschaften in sehr vielen Fitnessstudios und sogar meine Boulderhalle über stark vergünstigte Abos subventioniert. Wir arbeiten derzeit bis zu zwei Tage pro Woche von zu Hause, aber ganz ehrlich: Bei dem leckeren Angebot unseres eigenen Restaurants und dem super zentral gelegenen Büro mitten in der Hamburger City, bin ich nur selten im Homeoffice. (lacht)
Darüber hinaus unterstützen wir natürlich auch die Entwicklung unserer Mitarbeiter:innen aktiv. Wir haben ein riesiges Angebot an digitalen Lernangeboten, Talentförderungsprogramme und entwickeln da immer mehr. Mein Team etwa arbeitet gerade an der Einführung einer sogenannten Experten-Karriere.
Was können wir uns genau unter dieser Expertenkarriere vorstellen?
In der Expertenkarriere geht es darum, Expertise im Unternehmen gezielt zu fördern und anzuerkennen. Einfach gesprochen: Wenn du sehr gut in deinem Fachbereich bist, dann wollen wir, dass du diesen Bereich bei uns auch fachlich weiterbringst. Dieser Karrierepfad wird dann eine Alternative sein für diejenigen, die vielleicht keine Personalverantwortung übernehmen möchten.
Zu viele Details kann ich leider noch nicht teilen, da wir gerade gemeinsam mit unserem Betriebsrat daran arbeiten, wie diese Idee Realität werden kann. Fest steht aber jetzt schon: Diese neue Möglichkeit als Expert:in bei uns Karriere zu machen wird unser IT Leadership und unsere Zusammenarbeit verändern und hoffentlich auch unsere Attraktivität als Arbeitgeber nochmal deutlicher hervorheben. (lacht)
Wie würdest du das Leben als Hapag-Lloyd’ler in Hamburg beschreiben?
Hamburg selbst ist natürlich die beste Stadt der Welt. Es ist wirklich toll in Hamburg für Hapag-Lloyd zu arbeiten, da man die Firma hier ständig sieht. Wir machen eine ganze Menge in der Stadt. Es gibt Theater, die wir unterstützen, wir machen viele Veranstaltungen, wo die Hapag-Lloyd Stiftung Sponsor ist. Man sieht also das Logo und die Farben überall hier in Hamburg. Das ist schon cool, da vorbeizulaufen und zu denken „da gehöre ich dazu“.
Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist in Hamburg besonders ausgeprägt, da wir hier unser Global Headquarter haben und unser so genannter Digital Port – das Gebäude in dem unserer Hamburger IT sitzt – in unmittelbarer Nähe dazu liegt.
Hapag-Lloyd hat Mitarbeitende in 135 Ländern auf sechs Kontinenten. Haben Kolleg:innen aus dem IT-Bereich auch die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen?
Durchaus. Je nach Projekt macht es Sinn, auch mal ins Ausland zu gehen. In Danzig zum Beispiel ist unsere gesamte KI-Entwicklung. Da geht es gerade darum, wie wir Chatbots gewinnbringend für uns einsetzen können. Natürlich, hybrides Arbeiten ist für uns Normalität geworden. Das Homeoffice ist sicherlich auch praktisch, aber auf persönlicher Ebene können Fortschritte manchmal viel effektiver erzielt werden. Wenn das der Fall ist, lohnt sich vielleicht auch mal eine weitere Reise in eines der 135 Länder, in denen wir mit unseren Standorten vertreten sind.
Niklas Niefanger, geb. Heimbokel (Bild) startete 2011 als IT Systemanalyst. Im Anschluss an seine Position als IT Director mit der Verantwortung für Master Data Management, Routenoptimierung sowie die technische Zusammenarbeit mit Hapag-Lloyd’s Global Accounts ist er seit 2023 Director für IT Digital Talents. Mit seinem Team verantwortet er die Aus- und Weiterbildung von ITler:innen bei Hapag-Lloyd.
Einen weiteren spannenden Beitrag über die Logistik von Hapag-Lloyd findest du hier.