Die Chancen der digitalen Transformation nutzen und die Herausforderungen bewältigen: Daran arbeiten Unternehmensberater:innen mittlerweile in fast allen Branchen. Mit Data Science und neuen Beratungsmethoden schöpfen sie für ihre Klient:innen Mehrwert aus der Datenflut.
Unternehmensberatung in Deutschland boomt: Nach 7,4 Prozent Wachstum im Jahr 2016 sagt der BDU nun weitere 8,3 Prozent für 2017 voraus. Ursache ist vor allem die Digitale Transformation, die alle Branchen als Megatrend prägt. Daher stellt BDU-Präsident Ralf Strehlau fest, „… dass die klassischen Consulting- und IT-Themen sowie kommunikativen Aufgabenstellungen noch enger zusammenspielen müssen.“1
Digitale Transformation ist eine grundlegende Veränderung von: Branchenstrukturen, Geschäftsmodellen der Unternehmen, ihren Interaktionsmustern mit Kund:innen und Lieferanten, Unternehmensprozessen, Organisationsstrukturen sowie Qualifikationsanforderungen an Mitarbeiter:innen. Ausgelöst werden diese Prozesse aufgrund intelligenter Auswertung von Daten, die in bisher ungekanntem Umfang zur Verfügung stehen. Die Dimensionen der digitalen Transformation sind gewaltig: Europa kann nach einer BDI Studie 1,25 Billionen Euro industrieller Bruttowertschöpfung durch den Einsatz digitaler Technologien gewinnen2, nach einer VDI Studie steigern schon einzelne digitale Technologie die Arbeitsproduktivität um 27 Prozent3.
Ganze Branchen werden verändert: So schätzt das McKinsey Global Institute (MGI) eine zusätzliche Konsumentenrente von weltweit 600 Billionen US-Dollar4 – während die digitalen Geschäftsmodelle von Uber oder AirBnB die strategischen Spielregeln in ihren Märkten neu definieren.
Big Data treibt gemäß der MGI Studie die Veränderung: 2,5 Milliarden Gigabyte an Daten weltweit täglich, 30 Milliarden Inhalte auf Facebook monatlich und fünf Milliarden Smartphones im Einsatz. Auch durch das Internet-der-Dinge wächst der Datenbestand exponentiell mit geschätzten 40 Prozent pro Jahr. Diese Datenflut wird oft als Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Aber auch Öl war wertlos, bis man es fördern, verarbeiten und nutzen konnte. Man muss also auch die Datenflut so speichern und auswerten können, dass Mehrwert entsteht. Genau daran arbeiten Berater mit Kompetenz in Data Science – mit bereits sichtbaren Erfolgen.
Wirtschaftsinformatiker sind wegen ihrer interdisziplinären Kompetenz für Data Science besonders gesucht
Die Beratung McKinsey berichtet über den Erfolg in der Anwendung von Data Science in der Optimierung von Transport- und Verteilungsnetzen von Stromversorgern5. Während man bisher Ausfällen von Sicherungen nur reaktiv oder durch starre Wartungszyklen begegnen konnte, hat man mit Data Science qualitative und quantitative Informationen der Sicherungen erfasst und daraus Ausfallwahrscheinlichkeiten berechnen können. Ein dadurch intelligenteres Wartungsmanagement hat die Ausfälle reduziert, die Kosten bis zu 36 Prozent gesenkt und die Kundenzufriedenheit gesteigert.
Auf der Kundenseite sorgt der eCommerce Boom für eine exponentiell wachsende Datenmenge über Kund:innen und deren Informations- und Kaufverhalten. Ein Beispiel für Mehrwert durch Data Science im Bereich Marketing und Sales findet sich im Marketing Analytik Team eines Chemiekonzerns.6 Das Team hat ein Vorhersagemodell aus mehr als 30 Variablen entwickelt und daraus zehn Schlüsselfaktoren für Kundenverluste identifiziert sowie Ansätze für längere Kundenbindung. Mit diesen Erkenntnissen ausgestattet, konnten die regionalen Vertriebsleiter Maßnahmen entwickeln, die den Kundenverlust um 25 Prozent gesenkt haben. Und es gibt nicht nur einzelne Beispiele für digitale Transformation. So erkennen rund drei Viertel der Unternehmen Chancen in der Kundenakquise oder Kundenservice. 58 Prozent erwarten eine Effizienzsteigerungen, die Hälfte konkrete Chancen für die Internationalisierung und fast die Hälfte eine Steigerung des Gewinns7.
Obwohl mittlerweile laut Bitkom Studien8 bereits 76 Prozent der Unternehmen in Deutschland eine eigene Digitalstrategie haben und die digitale Transformation bei 50 Prozent der Großunternehmen unter den Top drei der Firmenziele rangiert, geben 72 Prozent der Unternehmen an, dass Digitalisierung eine Herausforderung darstellt. Die größten Schwierigkeiten gibt es bei der IT-Sicherheit, beim Personal sowie bei internen Abstimmungen.
Insbesondere qualifizierte Mitarbeiter:innen fehlen: Bei 51.000 vakanten Stellen für IT in Deutschland sehen zwei Drittel der Unternehmen im Fachkräftemangel den wichtigsten limitierenden Faktor der Digitalisierung und fast 90 Prozent der vom VDI befragten Unternehmen erwarten eine weiter steigende Nachfrage nach IT-Fachkräften9. Dabei ist die Nachfrage nach Wirtschaftsinformatiker:innen besonders gravierend: Die Relation zwischen offenen Stellen zu arbeitslos gemeldeten Fachkräften beträgt 6,8 während sie im Durchschnitt der IT-Fachkräfte bei 3,5 liegt. Innerhalb eines Monats ist die Zahl der bei Stepstone gelisteten offenen Stellen für Data Scientists in Deutschland um 13 Prozent gestiegen, auf aktuell 79410. In der MGI Studie werden für die USA sogar 190.000 erwartet. Auch die Mehrzahl der Expert:innen in Deutschland geht davon aus, dass sich der Boom in den nächsten Jahrzehnten nicht ändert.
Dank IoT explodiert die vorhandene Datenmenge – und erhöht die Nachfrage nach Data Scientists
Die benötigten Kompetenzen sind Data Science und Beratung. „Data Science ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die Methoden zur Auswertung unterschiedlichster Arten von Daten mit verschiedensten Mitteln bündelt.“11 Zu diesem Kontext gehören auch Technologien des Internet-of-Things zu Erfassung, Aufbereitung und Weiterleitung von Daten, unter anderem Sensoren und Kommunikationsprotokolle für Industrie 4.0. Bei der Speicherung und Auswertung der Daten kommen neben den klassischen Ansätzen auch neuere Entwicklungen wie zum Beispiel NoSQL Datenbanken oder Predictive Analytics zum Einsatz.
Beratungskompetenz wird für die erfolgreiche Transformation benötigt. So werden Entwicklungsprozesse mit agilen Methoden beschleunigt, klassische Hierarchien zugunsten flexiblerer Organisationsstrukturen aufgelöst, statische Arbeitsplatzbeschreibungen durch dynamische Rollen ersetzt. Zudem müssen Berater:innen neue digitale Geschäftsmodelle mittels Design Thinking entwickeln können.
Es gibt erste spezialisierte Angebote von Hochschulen, um auf diesen Trend zu reagieren, insbesondere im Ingenieur- oder Informatikstudium. Die Hochschule Ludwigshafen hat ihren seit mehr als zehn Jahren bewährten Master of Science in Wirtschaftsinformatik mit dem zukunftsweisenden Schwerpunkt Data Science & Consulting weiterentwickelt.
Der Studiengang zeichnet sich dadurch aus, dass er eine einzigartige Kombination von Beratungs- und Data Science-Kompetenzen vermittelt, die genau dem Anforderungsprofil des Megatrends Digitale Transformation entsprechen. Die Schwerpunkte werden unter anderem durch IT Sicherheit und IT Recht ergänzt – und das in einer Hochschule für Angewandte Wissenschaft, mit ausgeprägter Praxisorientierung und kleinen Lerngruppen. Zudem liegt die Hochschule Ludwigshafen mitten im stärksten IT Cluster Europas, was intensive Kontakte zu IT-Beratungshäusern erleichtert.
Prof. Dr. Martin Selchert leitet den Master Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt Data Science & Consulting an der Hochschule Ludwigshafen. Davor war er sieben Jahre Management Berater bei McKinsey mit Schwerpunkt IT, Telekommunikation und Multimedia.
Seine fachlichen Schwerpunkte sind Strategie, Innovation und Marktorientiertes Management. Kontakt: martin.selchert@hs-lu.de oder Tel.: 0621-5203-261
Weitere Beiträge zur Consulting-Branche gibt’s hier.
1 Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e.V.: Unternehmensberater treiben den digitalen Wandel in Deutschland voran, 8.3.2017
2 BDI und Roland Berger Strategy Consultants: Die Digitale Transformation der Industrie, Feb. 2015
3 VDI und Fraunhofer ISI mit HS Karlsruhe: Mo-dernisierung der Produktion, 2015
4 McKinsey Global Institute: The next frontier for innovation, competition, and productivity, Mar. 2011
5 Carlos de la Peña, David González Fernández, and Jesús Rodríguez González, How analytics can improve asset management in electric-power networks, in: McKinsey Quarterly, Oct. 2016
6 Charles Atkins, Maria Valdivieso de Uster, Mitra Mahdavian, and Lareina Yee, Unlocking the power of data in sales, in: McKinsey Quarterly, Dec. 2016
7 Bitkom Research, Chancen der Digitalisierung werden zu selten genutzt; 15.3.2017
8 Bitkom Research, Digitale Transformation der Wirtschaft, März 2016 sowie: Haufe Online Redaktion 23.3.2917 zu Bitkom Studie anlässlich Cebit März 2017
9 Bitkom, Vor der Cebit: Bitkom-Branche auf Wachstumskurs, 25.1.2017 sowie VDI: Smart Germany – Arbeit in der Digitalen Transformation, 20.3.2017
10 www.stepstone.de (Abrufe 2. März vs. 2. April 2017)
11 Stockinger, K., Stadelmann, T. und Ruckstuhl, A., Data Scientist als Beruf, in: Fasel, D. und A. Meier (Hrsg.): Big Data Grundlagen, Systeme und Nutzungspotenziale, Springer Vieweg, 2016, S. 65