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Ilker Yenice und Johannes Weber sind Wirtschaftsingenieure und haben sich im Studium kennengelernt. Während eines Pandemiesemesters dann die Geschäftsidee: nachhaltiges Füllmaterial für den Versand. Mit dieser Vision verbinden sie Umweltschutz und Unternehmertum. Was sie zur Gründung ihres Start-ups Ceres bewegt hat und wie sie diese Herausforderung aus dem Studium heraus gemeistert haben, erzählen sie hier.
Ihre Idee, Füllmaterial aus Stroh herzustellen ist eher ungewöhnlich. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, genau diesen Rohstoff dafür zu verwenden?
Wir waren mitten im Studium, als die Pandemie plötzlich eintrat und auch unser Konsumverhalten veränderte. Bereits bestehende Umweltprobleme wurden dabei zusätzlich verschärft. Der Onlinehandel setzt zum großen Teil noch immer auf umweltschädliche Verpackungslösungen wie Styropor oder Luftpolsterkissen aus Plastik. Unsere Antwort darauf war: Stroh. So ist Ceres entstanden. Hierfür haben wir ein nachhaltiges Füllmaterialkonzept erarbeitet, das es ermöglicht, den Versandschutz ökologischer zu gestalten – und zwar durch vollständig kompostierbare Rohstoffe. Wir verwenden Stroh, das als Nebenprodukt der Landwirtschaft anfällt. Unser Füllmaterial bringt alles mit, um die Anforderungen an den Paketversand zu erfüllen und kostet dabei nicht mehr.
Natürlich haben wir uns auch Alternativen wie zum Beispiel Maisstärke angeschaut. Wir sind aber der Meinung, dass man Lebensmittel – wie eben Mais – aus sozialer Gerechtigkeit eher als Nahrungsmittel verwenden sollte. Stroh hingegen fällt als Nebenprodukt an und besitzt keinen Mehrwert für die Lebensmittelbranche. Es wird zwar auch als Tierstreu verwendet und teilweise wieder in den Ackerboden eingebracht – dennoch bleiben allein in Deutschland bis zu 13 Millionen Tonnen Stroh als Nebenprodukt der Landwirtschaft übrig. Wir verwenden es, bevor es verrottet oder verbrannt wird. Genau deswegen, dürfte Ceres auch den Landwirten unter die Arme greifen, da wir ein eigentliches Nebenprodukt umnutzen.
Dann werden Sie das Rohmaterial direkt von denen beziehen, die es ohnehin übrig haben?
Kann man so sagen! Das Stroh soll von regionalen Bauern bezogen werden. Dazu stehen wir mit einem lokalen Strohhändler in Kontakt, der uns die Ressource anliefern könnte.
Wie soll das Füllmaterial nach der Verarbeitung aussehen?
Das Produkt kann man sich als eine Art Kissen vorstellen, welches mit Stroh befüllt ist. Das Stroh wird von uns in einer Vorbehandlung geschnitten, entstaubt und sterilisiert. Dadurch können wir sicherstellen, dass der Endkunde beim Auspacken auch keine allergischen Reaktionen zeigt.
Und wer sind die Kunden Ihres Füllmaterials?
Insbesondere Unternehmen, die Pakete mit fragilen oder schützenswerten Versandgütern verschicken und somit auf Füllmaterial angewiesen sind. Dabei handelt es sich in erster Linie um Onlineshops aller Größenklassen. In bestimmten Branchen, wie zum Beispiel der Naturkosmetik, spielt die nachhaltige Verpackung passend zum nachhaltigen Produkt eine sehr wichtige Rolle. Dabei ist natürlich auch Ästhetik und Haptik von großer Wichtigkeit und genau da setzen wir an. Ein ökologisches Füllmaterial für ein besonders nachhaltiges Auspackerlebnis.
Der Gründungswettbewerb Solve for Tomorow, der jährlich von Samsung ausgerichtet wird, stand 2022 unter dem Motto „Urbaner Umweltschutz“. Diesen haben Sie mit dem 2. Platz belegt. Was bedeutet Umweltschutz für Sie, gerade, wenn es um Konsum geht?
Der Ideenwettbewerb findet dieses Jahr bereits zum vierten Mal statt, die Themen verbinden dabei immer gesellschaftliche Relevanz und technologische Aspekte. Wir konnten uns gerade mit dem Thema „Urbaner Umweltschutz“ sehr gut identifizieren. Denn oft sehen wir die Umweltprobleme aus einer Vogelperspektive: beziehen wir alle Faktoren mit ein, scheinen sie oft unüberwindbar. Sieht man sich jedoch die einzelnen Aspekte an und sucht aktiv nach Lösungen dafür, kann man wirklich einen Impact haben. Genau darauf zielte auch das Thema des Ideenwettbewerbs ab: mit frischen Ideen den Umweltschutz in urbanen Umgebungen vorantreiben und dabei mit gesellschaftlich relevanten Themen die Gründungsmentalität von jungen Menschen fördern. Obwohl alle Teams verschiedene Ansätze hatten, arbeiten jedoch alle auf dasselbe Ziel hin: eine nachhaltigere Umgebung für unsere Zukunft zu schaffen.
Bei unserem privaten Konsum spielen diese Überlegungen natürlich auch eine immer größere Rolle: die Klassiker wie weniger Fleisch und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind natürlich selbstverständlich. Aber auch mit kleinen Aktionen im Alltag, beispielsweise Dinge zu reparieren, statt neu zu kaufen, kann jeder von uns jeden Tag einen kleinen Beitrag leisten.
Unternehmensgründung wirkt oft etwas unerreichbar, gerade auf junge Menschen. Hat es auch manchmal gehakt?
Zugegeben, eine Gründung aus dem Studium heraus ist nicht immer einfach. Wir kamen neben all den Verpflichtungen häufig nicht so schnell voran, wie wir es wollten.Oft lag es an fehlender Erfahrung bei speziellen Themen – dabei haben wir gemerkt, dass das theoretische Wissen aus dem Studium mit den vielen Fallstudien bei manchen Themen wie beispielsweise Business- und Finanzplänen extrem hilfreich, bei anderen (wie zum Beispiel Rechtsfragen oder Steuern) jedoch einfach unzureichend war.
Auch sind wir beide Wirtschaftsingenieure und kommen weder aus dem Bereich der Verpackungsmaterialien noch der Materialkunde, weshalb wir uns in diese Bereiche komplett neu einarbeiten mussten. Die Verpackungsbranche ist ein sehr spannendes Umfeld, in dem man es nicht unbedingt gewohnt ist, mit jungen Start-ups in Kontakt zu kommen. Unser Studium hat allerdings eine gute und sehr breite Grundlage geschaffen, sodass wir uns schnell in neue Themengebiete einarbeiten können. Dieses „Reinfuchsen“ ist einerseits natürlich eine Herausforderung, macht andererseits aber natürlich auch unfassbar viel Spaß.
Haben Sie auch von extern Unterstützung bekommen?
Durchaus. Am meisten geholfen haben eine gute Ressourceneinteilung und starke Partner an unserer Seite: Acceleratoren und Awards wie das Hessen Ideenstipendium, Solve for Tomorrow von Samsung, das Futury Inkubatorenprogramm und auch der Hessische Gründerpreis haben uns finanziell aber vor allem auch inhaltlich in der Weiterentwicklung unserer Ideen und beim Aufbau wichtiger Kontakte unterstützt.
Ein Ausblick in die Zukunft: Was soll der nächste Meilenstein für Ceres werden?
Wir haben gerade die Impact Phase des Solve for Tomorrow Wettbewerbs erfolgreich abgeschlossen. In dieser Phase bekamen wir Coachings und Experten zur Seite gestellt, um in 6 Monaten intensiver Zusammenarbeit unseren Prototypen weiterzuentwickeln und unser Geschäftsmodell weiter auszuarbeiten. Parallel haben wir auch an verschiedenen Pilotpartnerschaften gearbeitet. Nachdem diese Schritte von uns mit viel Elan vorangetrieben wurden, geht es für uns ans Funding. Bisher haben wir alles durch Eigenmittel, Stipendien und Preisgelder von Ideenwettbewerben finanziert. Nun gilt es passende Partner zu finden, um in die Serienproduktion starten zu können.
Gemeinsam mit unseren Partnern möchten wir unsere Vision verwirklichen, Päckchen für Päckchen umweltschädliche Füllmaterialien loszuwerden und durch unsere nachhaltigere Alternative zu ersetzen. Damit das gelingt, sehen wir uns dafür in einer großen Produktionshalle mit einem zusammengewachsenen Team, das diese Vision teilt.
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Ilker Yenice und Johannes Weber kennen sich bereits seit dem Studium und haben vieles gemeinsam: Sie sind Wirtschaftsingenieure, teilen die Leidenschaft für Gründungsthemen und möchten etwas zum Klimaschutz beitragen.
Gemeinsam haben Sie mit Ceres unter anderen den Ideenwettbewerb Solve for Tomorrow von Samsung und den Hessischen Gründungspreis gewonnen.