Wer in Hannover oder Hamburg unterwegs ist, hat vielleicht schon von MOIA gehört – entweder, weil der auffällige gelbe Van oder einer der „FCK MOIA“-Aufkleber auf den lokalen Taxen ins Auge gestochen ist. Hinter dem Kleintransporter steht weiteres neues Mobilitätskonzept, das auf individuelle, urbane Mobilität zugeschnitten sein soll (und deswegen den Taxifahrern Konkurrenz macht).
So soll die Mobilitätsdienstleistung funktionieren: Du installierst dir die App und kannst dir darüber eine Fahrt buchen. Die Haltestellen sind vorab festgelegt und sollen in Ballungszentren sehr dicht liegen. Damit du aber nicht in deinem modernen Mobilitätserlebnis durch zu viele Mitmenschen gestört wirst, sollen möglichst wenige Stopps zwischen deinem Einstieg und deinem Ziel liegen. Das führt in erster Instanz zu einem kleinen Widerspruch: Möglichst nah gelegene Haltestellen – was deren Zahl erhöht – und so wenige Zwischenstopps für den jeweiligen Fahrgast. Heißt also, dass entweder die Nutzer möglichst identische Routen fahren sollten oder so wenige Fahrgäste wie möglich pro Ride an Bord sein sollten – was der Idee des Ridesharings direkt widerspricht.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Das Konzept erinnert doch an das des sogenannten „Rufbus“ in einigen ländlichen Gebieten, der meist Anfang der 2000er eingeführt wurde. Für den wurde ein theoretischer Fahrplan erstellt – gefahren ist der Bus aber nur, wenn jemand ihn sozusagen bestellt hat. On top kommt nun also eine App, wie Nutzer sie beispielsweise von Uber kennen. Revolutionäres Potenzial? Bleibt abzuwarten. Manchmal muss man nicht das Rad neu erfinden, um ein gewinnbringendes Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen.
Aber Moment – schneidet sich VW, der Konzern hinter MOIA, mit dieser Entwicklung nicht selbst ins Fleisch? Wer auf eine Art „individuelle Gruppenmobilität“ setzt, bringt Menschen immerhin dazu, auf ihre singuläre Mobilität zu verzichten. MOIA ist also ein Grund weniger, sich selbst ein Auto zuzulegen oder seine altgediente Nuckelpinne zu behalten. Auf den zweiten Blick ist das Konzept völlig logisch: Wer langfristig auf ein eigenes Auto verzichten will, wird zukünftig genug Auswahl haben – und bricht VW als Kunde daher ziemlich sicher weg. Durch MOIA werden nicht nur diese Ausfälle aufgefangen, sondern auch neues Kundenpotenzial angesprochen, vom vermeintlich umweltfreundlichen Image ganz zu schweigen. Damit geht Volkswagen auch ganz offen um: „Auch wenn künftig nicht mehr jeder ein eigenes Auto besitzen wird, wollen wir mit MOIA dazu beitragen, dass jeder auf die eine oder andere Art Kunde unseres Unternehmens sein kann“, sagt Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns in einer Pressemitteilung.
Bis zum Sommer 2019 soll die Hälfte der Flotte übrigens auf Elektromobilität umgestellt werden, was wiederrum einiges an Investition in die Lade-Infrastruktur erfordert. Unklar ist bis dato, ob die Ladestationen nur für MOIA-Fahrzeuge nutzbar sein werden oder auch anderen Elektroautos offen stehen werden. Ein potenziell lohnenswerter Gedanke, denn ein Konkurrenzkampf um die besten Orte für Ladestationen wäre für Nutzer ein eher abschreckendes Szenario und damit ein Hindernis auf dem Weg, die Elektromobilität zu verbreiten.
Bilder: VW AG / MOIA