Ein Hidden Champion ist ein vergleichsweise kleines Unternehmen, das wenig bekannt ist – aber oftmals Weltmarktführer in seinem Geschäft. Eines davon ist faytech, Spezialist für industrielle Touch-PCs und Monitore. faytech hat sich in den letzten Jahren als der Nischenspezialist etabliert und agiert, als deutsches Unternehmen, heute global mit weltweit etwa 200 Mitarbeitern und über 20 Distributionen in Europa, China, Indien, Japan und den USA. hitech-campus.de sprach mit dem Geschäftsführenden Gründer Arne Weber unter anderem über die Zukunft von Displays.
Herr Weber, wie wird ein Unternehmen wie faytech zum Hidden Champion?
Ganz ehrlich – aus meiner Sicht ist es vor allem sehr viel Glück. Klar, wir haben sehr hart gearbeitet und uns die letzten Jahre darauf konzentriert, Know-how aufzubauen. Dabei sind wir immer neugierig und integrieren neue Technologien, wollen auf keinen Fall stehen bleiben und uns auch nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die großen positiven Veränderungen, die uns im Nachhinein betrachtet jeweils auf eine nächste Entwicklungsstufe gebracht haben, waren eigentlich alles glückliche Zufälle. Abgedroschen könnte man eben zusammenfassen – das Glück ist mit den Tüchtigen – wobei ich leider auch viele sehr tüchtige Menschen habe scheitern sehen. Entsprechend bin ich die letzten Jahre demütig geworden und konzentriere mich eben einfach darauf mich stetig zu hinterfragen, was das Beste für die Firma ist und ob wir das alles auch so tun. Und dann hoffe ich, dass wir weiterhin ein glückliches Händchen haben bei der langfristigen Ausrichtung des Unternehmens.
Was unterscheidet die Displays von faytech von denen anderer Hersteller und wo kommen diese zum Einsatz?
faytech konzentriert sich mit seinem Angebot von Touchscreen-Geräten auf Unternehmenskunden. Unser Produktportfolio ist sehr weit gefächert, wir produzieren 7“ bis 86“ große Touch-Geräte als Touchscreen-Monitore, Touchscreen-PCs und embedded Touch-Geräte. Unsere Vorteile sind die sehr große Fertigungs-und Know-how-Tiefe, Kostenvorteile aufgrund unserer flachen Strukturen und der Produktion in Asien sowie Flexibilitätsvorteile gegenüber anderen Herstellern. Dazu sind wir in einigen Bereichen wie zum Beispiel dem optischen Verkleben großformatiger Touch-Panels mittlerweile weltweit führend. Unsere Geräte werden auf Fitnessmaschinen eingesetzt, als Eingangskontrollsysteme, zur Effizienzsteigerung auf Fertigungsstraßen, zur Maschinensteuerung, in Supermärkten an Kassen, in Flughäfen als interaktive Karten, in Taxis als Kommunikationszentrale, in Betonmischern und Minenfahrzeugen zur Spezialgeräte-Steuerung, als Kiosks und Interaktionsterminals am PointofSale – kurz, es gibt praktisch zurzeit keinen Bereich, wo Touch-Geräte nicht eingesetzt werden und davon profitieren wir enorm.
Wie kam es dazu, dass faytech in Asien produziert – und heißt das, dass Ingenieure von faytech sehr international arbeiten und reisen?
Meine Frau ist Chinesin und bereits mit unserer ersten Asienreise 2005 war ich von China fasziniert. 2008 konnte ich sie dann überreden, zurück nach China zu ziehen, wir sind mittlerweile sehr international. Seit 2017 produzieren wir in einem Joint Venture auch in Indien. Außerdem bereiten wir gerade die Eröffnung eines Büros in Tokyo vor, sind in New York und Deutschland aktiv. 2017 waren wir das erste Mal auf der Gitex in Dubai, gerade kam ein Mitarbeiter zurück von seiner ersten Russlandreise – das heißt ja, bei uns hat man die Chance, viel zu reisen und viele neue Eindrücke zu gewinnen, wenn man das möchte.
Wenn mobile Endgeräte etc. in Zukunft mehr von Stimmen als von Tastaturen oder Displays gesteuert werden, wie wird sich faytech auf dem Markt behaupten?
Das ist definitiv ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen. Wenn Maschinen untereinander kommunizieren (Stichwort Internet of Things, IoT) braucht man theoretisch keine Eingabegeräte mehr. Gleiches gilt für die Sprachsteuerung. Aber wenn Sie etwa aktuell in einem Schnellrestaurant an einem Selbstbedienungsterminal stehen – wollen Sie nicht auch sehen, was Sie bestellen wollen? Und geht es dann gegebenenfalls nicht schneller, einfach zu drücken, was man möchte, anstatt das zu sagen? Die Maus ist ja auch schon uralt – aber irgendwo ist sie im Büroalltag immer noch das effizienteste Tool. Ich gehe davon aus, dass uns die Touch-Technologie als wichtige Eingabetechnologie zumindest noch die nächsten fünf bis zehn Jahre erhalten bleibt. Und gerade in der Industrie sind die Entwicklungsgeschwindigkeiten normalerweise deutlich langsamer. Aber ganz ehrlich – mit den ganzen Automatisierungsschüben, die uns bevorstehen (Stichwort KI, vollautonome Prozesse) wird das, glaube ich, eines der geringsten Probleme sein. Ich gehe davon aus, dass sich alle Industrieunternehmen in den nächsten Jahren auf eine völlig neue Produktionswelt einstellen werden, sich fast schon neu erfinden müssen. Dafür entwickeln wir bereits jetzt neue Strategien.
Wie schätzen Sie grundsätzlich a) den Bedarf und b) die Anforderungen an Displays ein?
Das ist wirklich völlig unterschiedlich – je nach Industrie und Einsatzzweck. Für die nächsten drei bis fünf Jahre erwarten wir praktisch überall ein starkes Wachstum beim Einsatz von Touch-Technologien. Im Outdoor-Bereich muss die Qualität des Displays dann eben so gut sein, dass es sich nicht mehr von einem Papierdruck unterscheiden lässt. Beim Einsatz in Maschinen stehen andere Anforderungen im Vordergrund – zum Beispiel, dass sich die Spezifikationen langfristig nicht ändern, oder die Panels auch Vibrationen et cetera überstehen. Wir wollen unseren Schwerpunkt daraufsetzen, Touch-Panel und Panel zu verschmelzen und dies effizienter zu produzieren als heute.
LCDs versus OLEDS – welche Technologie wird sich Ihrer Meinung nach durchsetzen?
Glaubt man Samsungs CES-Auftritt dieses Jahr wird sich MicroLED durchsetzen. Hier haben wir nicht die Expertise, Marktvorhersagen zu treffen. Wir sprechen mit den entsprechenden Herstellern und beobachten eben, wie sich der Markt entwickelt und realisieren darauf aufbauend dann unsere eigenen Lösungen. Nach meiner Einschätzung wird das „normale LCD-Panel“ zumindest in der Industrie noch viele Jahre eingesetzt werden.
Suchen Sie deutsche Hochschulabsolventen und wenn ja – welcher Disziplinen?
Ein Unternehmen ist grundsätzlich ja vereinfach gesagt „nur“ die Summe der Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Entsprechend suchen wir immer nach Talenten und grundsätzlich aus jeder Richtung – gerade, weil wir stark wachsen und so relativ einfach immer wieder neue Aufgaben- und Verantwortungsbereiche schaffen. Das ist sehr interessant für Menschen, die gerne Verantwortung übernehmen. Aktuell liegt der Schwerpunkt definitiv im Bereich Elektroingenieur, IT und Softwareentwicklung. Aber auch jemand, der Vertriebsverantwortung oder Marketingverantwortung übernehmen möchte, ist bei uns willkommen.
Ihre Stellenausschreibung eines Electrical Engineers ist ausschließlich männlich geschrieben. Wie viele Frauen gibt es in den Teams von faytech?
Die Stellenausschreibung hat unsere HR-Managerin geschrieben, ich werde ihr die Frage als Verbesserungsvorschlag weiterreichen. Wie viele Frauen bei uns beschäftigt sind, weiß ich nicht – genausowenig aber, wie viele Männer. Das Thema Geschlechterzugehörigkeit, welches derzeit gesellschaftspolitisch kontrovers diskutiert wird, spielt bei faytech keine Rolle, weil bei uns niemand wegen seines Geschlechtes diskriminiert wird.
Ich persönlich finde, eine Stellenanzeige ist mit nur einem Geschlecht einfacher zu lesen. Eine Wertung steckt keinesfalls dahinter. Zumindest in meiner Welt gibt es solche Geschlechterdiskussionen, Religionsgespräche und so weiter überhaupt nicht. Meine Frau leitet mit mir gemeinsam das Unternehmen und 50% des TOP-Managements ist in China weiblich besetzt. Wir sind global ausgerichtet und bewerten Mitarbeiter ausschließlich aufgrund ihrer Qualifikation und nicht aufgrund ihres Geschlechts, Hautfarbe oder Religion.