Die Zukunft der deutschen Automobilwirtschaft bietet neben multiplen Unsicherheiten auch eine Gewissheit: Die Zeiten werden härter. Wurden die Hersteller in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund ihrer technologischen Überlegenheit zu Rekordergebnissen getragen, begann mit dem E-Zeitalter ein neues Wettbewerbsszenario, wie zuletzt auch die IAA zeigte.
Die diesjährige IAA in München hat eindrucksvoll gezeigt, dass die deutsche Automobilindustrie vor enormen Veränderungen steht. Während auf der Messe Elektrofahrzeuge im Rampenlicht standen, wurden auch herkömmliche Verbrennungsmotoren noch einmal in den Mittelpunkt gerückt. Es ist, als ob die Branche ein letztes Hurra für den Verbrennungsmotor feiert, bevor die Elektromobilität endgültig die Oberhand gewinnt.
Die Umstellung auf Elektromobilität ist jedoch nur eine von vielen Herausforderungen. Die deutsche Autoindustrie muss dringend die Schwachstellen in ihrer Lieferkette für Batterien und Halbleiter angehen. Darüber hinaus sind Anpassungen an die Bedürfnisse globaler Märkte und verstärkte Kooperationen im Bereich Datennutzung und technischer Standards unerlässlich.
Die wohl größte Herausforderung, der sich die deutsche Automobilindustrie in den kommenden Jahren stellen muss, ist die Entwicklung der Akkutechnologie. Hier haben chinesische Wettbewerber in vielerlei Hinsicht die Nase vorn. Die Herstellung von leistungsstarken Batterien und innovativen Ladetechnologien hat sich zu einer chinesischen Stärke entwickelt und stellt die deutsche Industrie vor erhebliche Herausforderungen.
Die Kritik an deutschen Herstellern geht jedoch über die globalen Abhängigkeiten in der Akkutechnologie hinaus. Ein weiteres Problem ist die träge Anpassung an den chinesischen Markt. Während lokale chinesische Hersteller den Markt mit erschwinglichen Elektroautos fluten, haben deutsche Autobauer Schwierigkeiten, bezahlbare Modelle anzubieten. Dies hat dazu geführt, dass deutsche Marken nicht nur in Fernost Marktanteile verlieren, sondern mittlerweile die über Joint Ventures technologisch aufgepäppelten chinesischen Hersteller als Herausforderer auf europäischen Märkten abwehren müssen.
Die chinesische Konkurrenz ist dabei mittlerweile zu einer ernstzunehmenden Bedrohung geworden. Sie hat den Vorteil der Nähe zum weltweit größten Automobilmarkt und kann nicht nur schnell auf die sich ändernden Vorlieben und Anforderungen der chinesischen Verbraucher reagieren. Die erheblichen Kostenvorteile im Inland und die in der Autoindustrie so wichtige Stückkostendegression ermöglicht es chinesischen Herstellern, nun auch auf dem globalen Markt anzugreifen.
Ein Beispiel hierfür ist der chinesische Elektroautohersteller BYD, der nicht nur Elektrofahrzeuge für den chinesischen Markt produziert, sondern auch in Europa Fuß gefasst hat. Andere chinesische Unternehmen wie NIO und MG sind auf dem Vormarsch und haben ehrgeizige Pläne, ihre Elektrofahrzeuge weltweit in hohen Stückzahlen zu verkaufen.
Um in diesem Wettbewerb mithalten zu können, müssen deutsche Hersteller ihren Innovationsrückstand aufholen. Sie müssen nicht nur leistungsfähige Elektrofahrzeuge entwickeln, sondern auch die zugehörige Infrastruktur ausbauen, darunter Ladestationen und Batteriefabriken. Dies erfordert beträchtliche Investitionen und Anstrengungen.
Eine Möglichkeit, diesen Herausforderungen zu begegnen, besteht darin, verstärkt auf globale Kooperationen zu setzen. Hersteller können von Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen profitieren, indem sie deren Marktkenntnisse und Ressourcen nutzen – gleichzeitig ist eine solche Strategie mit erheblichen geopolitischen Risiken verbunden. Obwohl das Schlüsselwort der europäischen Chinapolitik „De-Risking“ heißt, sehen immer noch viele Hersteller den chinesischen Markt als wichtigste Säule ihrer globalen Strategie.
In dieser Zeit des Umbruchs bietet die Automobilindustrie jungen MINT-Absolventen einige Chancen. Die Branche sucht verzweifelt nach Talenten, die bereit sind, die Elektromobilität voranzutreiben und innovative Lösungen zu entwickeln. Das gesamte Spektrum der MINT-Fächer wird dafür benötigt.
Die deutsche Automobilindustrie steht zweifellos vor turbulenten Zeiten. Es gibt viele Unwägbarkeiten und Probleme zu bewältigen. Dennoch sollte dies nicht entmutigen, sondern als Chance gesehen werden. Mit der richtigen Herangehensweise und dem Innovationsgeist, der die Branche seit jeher ausgezeichnet hat, kann Deutschland auch weiterhin eine bedeutende Rolle in der globalen Automobilindustrie spielen. Der Wandel mag schwer sein, aber er birgt auch enormes Potenzial und die Möglichkeit, die Mobilität der Zukunft zu gestalten.
Wie Firmen der Automotive-Branche mit diesen Herausforderungen umgehen, erfährst du hier am Beispiel von Valmet Automotive.