Praxiserfahrung kann man nicht nur in Betrieben, sondern auch den richtigen Forschungsprojekten schnuppern. Wir haben an der TU München nachgefragt, an welchen Projekten die Studierenden für ihren Berufseinstieg in Robotik und Automation arbeiten – und warum sie so sehr für ihre Themen brennen.
Die liebe Gehirnstruktur
„Es gibt nichts Geheimnisvolleres als das menschliche Gehirn mit seiner komplexen Struktur und Funktion. Mittels Magnetresonanztomographie erfassen wir die Gehirnstruktur und durch transkranielle Magnetstimulation interagieren wir direkt mit der Gehirnfunktion. Die Computer-Rekonstruktion der Hirnstruktur und die Anwendung der Graphentheorie zur Analyse von Veränderungen der Hirnfunktion werden es uns ermöglichen, die Hirnfunktion besser zu verstehen und die Heilungschancen von Hirntumoren zu verbessern und die Überlebensqualität der Patienten zu erhöhen.“
Was fasziniert dich persönlich an dem Themenkomplex?
Als Arzt möchte ich mehr tun, um den Patienten zu helfen und das Leiden zu verringern. Deshalb beteilige ich mich aktiv an Forschungsprojekten in den Neurowissenschaften und erforsche neue Methoden und Theorien.
Welches Fazit kannst du bisher ziehen?
Bekanntlich bestimmt die Struktur die Funktion. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Gehirnstruktur und -funktion. Der Tumor stört das Netz der Nervenfasern zwischen den Hirnregionen und führt zu einer Unterfunktion. Durch eine Kombination von Methoden wie der transkraniellen Magnetstimulation und der Magnetresonanz wird gezeigt, dass die Ausführung komplexer Hirnfunktionen ein Netzwerk miteinander verbundener Hirnregionen voraussetzen.
Roboter & Mensch
„In meiner Promotion beschäftige ich mich mit Roboterdesign und dessen Wirkung auf den Menschen. Hierfür entsteht eine Datenbank, mit mittlerweile 750 Robotern, welche neben realen Modellen für Forschungs- oder Marketingzwecke auch Designentwürfe für Film und Kunst umfasst. In einer aktuell laufenden Umfrage lasse ich 300 Bilder bewerten, um die beliebtesten Roboterstrukturen und -stile zu finden.“
Was fasziniert dich persönlich an dem Themenkomplex?
Das Designspektrum von humanoiden Robotern ist außerordentlich breit, von eindeutigen Maschinen bis zu nahezu naturtreuen Kopien von Menschen. Anders als in der Tierwelt, welche der Evolution verpflichtet ist, sind bei Robotern alle möglichen Kombinationen denkbar und umsetzbar. Ich finde die Kreativität in den Designs faszinierend und möchte ergründen, wo sich Schnittstellen mit Vorlieben zukünftiger Nutzerinnen und Nutzern ergeben.
Welches Problem willst du damit lösen?
Nicht alles, was gebaut wird, kommt gut an. Mit Empfehlungen aus den Daten können Entwicklerinnen und Entwickler potenzielle Fehltritte vermeiden und die Akzeptanz für ihre Robotermodelle steigen.
Straßenverkehr in Echtzeit
„Meine Forschungsarbeit basiert auf dem Projekt Providentia++, das fünfeinhalb Jahre durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert wurde. Hier wurden öffentliche Straßen mit verschiedenen Typen von Kameras, Radaren und Lidaren ausgestattet. Diese Sensoren dienen der Erzeugung eines digitalen Abbilds des Straßenverkehrs in Echtzeit. Meine Forschung umfasst die Erkennung von Verkehrsteilnehmern bei schlechten Sichtverhältnissen, etwa in der Nacht oder bei Nebel, mithilfe verschiedener Sensorkombination.“
Was fasziniert dich persönlich an dem Themenkomplex?
Der Themenbereich maschinelles Sehen und künstliche Intelligenz interessieren mich bereits seit meinem Masterstudium. Von Anfang fand ich es sehr faszinierend, welche Informationen und Rückschlüsse man aus harmlos wirkenden Bildern und Punktewolken ziehen kann. Zeitgleich ist es charmant, die Ergebnisse der entwickelten Algorithmen direkt visualisiert zu bekommen – man sieht sozusagen, was man macht.
Lässt es sich auch auf andere Bereiche übertragen?
Der Bereich Objekterkennung und Datenfusion existiert nicht nur im Bereich des autonomen Fahrens und der Fahrerassistenzsysteme. Spontan fällt mir hier auch die Medizintechnik ein. Hier ist die maschinelle Auswertung von Kameradaten sowie eine Fusion mit anderen Sensoren ebenfalls ein wichtiger Bestandteil in der maschinenunterstützten Diagnostik.
Zustandsüberwachung von Industrierobotern
„In meiner Doktorarbeit geht es um die Zustandsüberwachung von Industrierobotern. Bei dieser Wartungsstrategie werden Sensordaten und künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, um Fehler zu erkennen, bevor sie zu kritischen Ausfallzeiten führen. Auf diese Weise kann die Nutzungs- und Betriebszeit von Industrierobotern erhöht werden.“
Was fasziniert dich persönlich an dem Themenkomplex?
Das Faszinierendste an meiner Promotion ist die Interdisziplinarität zwischen typischen Ingenieursthemen wie der Auslegung von Getrieben und elektrischen Antrieben, KI und Signalanalyse, aber auch das IT-Deployment, das es ermöglicht, meine Ergebnisse in die Praxis zu übertragen.
Welches Problem willst du damit lösen?
Heutzutage werden Industrieroboter nur für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt. Sie werden oft vor ihrem eigentlichen Lebensende ausgetauscht, um unvorhergesehene Ausfallzeiten zu vermeiden. Die Zustandsüberwachung hat das Potenzial, hier Abhilfe zu schaffen und damit auch zu einem nachhaltigeren Einsatz von Industrierobotern beizutragen.
Lässt es sich auch auf andere Probleme/Bereiche übertragen?
Bislang wurden die Ergebnisse meiner Forschung nur für Industrieroboter validiert. Da jedoch alle Ergebnisse veröffentlicht sind und mein Code auf GitHub öffentlich ist, könnte er auch für andere Arten von Maschinen getestet werden.
Welches Fazit kannst du bisher ziehen?
Das von uns entwickelte System ist in der Lage, Getriebe- und Motorschäden zu erkennen und wird derzeit für den Einsatz in einem Automobilwerk untersucht.
Lernende Roboter miteinander verknüpfen
„Bei mir geht es darum, mehrere lernende Roboter miteinander zu verknüpfen, sodass sie Gelerntes miteinander austauschen und eine Wissensbasis aufbauen können. Ziel dieses „collective learning“ ist, neue Aufgaben mit nur sehr geringem Aufwand – idealerweise mit nur einem Versuch – zu erlernen und als Grundlage für weitere Aufgaben abzuspeichern. Die Herausforderung liegt darin, herauszufinden, welche Teile des Erlernten auch auf andere Aufgaben übertragen werden können, um einen positiven Effekt zu erzielen.“
Lässt es sich auf andere Bereiche übertragen?
Der Mensch macht vieles ganz intuitiv. Er weiß etwa, wie man eine Axt greift, weil er zuvor schon einen Hammer in der Hand hatte. Er muss also die Aufgabe „Holz mit einer Axt spalten“ nicht von Grund auf erlernen, sondern kann auf vorhandenem Wissen aufbauen. Diesen Effekt wollen wir auch den Robotern ermöglichen. Bei unserem collective learning geht es bisher um die „taktile Interaktion“ eines Roboters mit seiner Umwelt. Zum Beispiel könnte eine künstliche Intelligenz (KI), die Sprachen lernt, von einer bereits gelernten Sprache profitieren. Klar ist: Ein Austausch zwischen den Systemen wird zu einem rasanten Zuwachs an Fähigkeiten führen.
Welches Fazit kann man bisher ziehen?
Bisher konnten wir zeigen, dass die positiven Effekte beim Wissensaustausch von Robotern überwiegen. Nun ist es unsere Aufgabe herauszufinden, welche Teile der Wissensbasis positive Auswirkung auf das Lernen neuer Aufgaben haben und den Austausch von störenden Teilen unterbinden.
Wenn dich weitere Beiträge zum Beispiel aus dem Karrierenetzwerk Gesundheits-IT interessieren, klicke hier – über das Menü findest du weitere Themenbereiche und Karrierenetzwerke!